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Universal-Lexicon von Württemberg: Gmünd

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Carl Theodor Griesinger
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Titel: Universal-Lexicon von Württemberg: Gmünd
Untertitel:
aus: Universal-Lexicon von Württemberg, Hechingen und Sigmaringen,
Sp. 477–483
Herausgeber:
Auflage: [2. Auflage]
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag:
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Erscheinungsort: Stuttgart, C. A. Sonnenwald’sche Buch- und Musikalien-Handlung.
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe auch Schwäbisch Gmünd
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[477-478] Gmünd, Name eines württemb. Oberamts-Bezirkes im Jaxtkreis; derselbe ist 5 1/10 Quadratm. groß, aus welchem 24432 Einw. leben, darunter 4859 Evang. und 19573 Kath.; der Gemeinden gibt es 26, bestehend aus 2 Städten, 20 Pfarrdörfern, 4 Dörfern, 3 Pfarrweilern, 26 Weilern, 69 Höfen, 4 Schlössern und 190 einzelnen Wohnsitzen, worunter auch ein Mineralbad. Der ganze Bezirk ist äußerst fruchtbar und in Hinsicht auf Naturschönheiten mit jedem andern im Schwabenlande zu vergleichen. Es durchschneiden ihn eine Menge Gewässer, wie z. B. die Rems, Lauter, Lain, Kocher etc; die Thäler sind mit fruchtbaren Wiesen und Aeckern bedeckt und an den Thalwänden hinauf kommen sogar hie und da Weinreben fort. Ein großer Theil des Ackerbaues liegt dagegen auf der Alp, nämlich dem sog. Aalbuche, die Obstbaumzucht wird stark getrieben und kein Dorf liegt so hoch, daß seine Felder unter den unfruchtbaren wären. Ist es in den Thälern freundlich und lieblich, so bietet dagegen der auf der Alp liegende Theil um so großartigere Partien dar, wir erinnern blos an die vielen Bergkuppen und Bergkegel, von denen wohl die ausgezeichnetsten der Rechberg, der Scheibenberg und der Rosenstein sind. Auf allen diesen Bergen standen einst Burgen und Schlösser, von denen zum Theil noch schöne Ruinen da sind, einige sind sogar noch gut erhalten, ob sie gleich aus dem grauesten Alterthum herrühren. Was die Bewohner des Bezirks betrifft, so ist es ein lustiger Menschlag, der seines unbekümmerten und ungenirten Wesen halber mitunter als leichtsinnig geschildert wird. Ihr Nahrungszweig besteht hauptsächlich aus Ackerbau und Viehzucht, dagegen gibt es auch viele Fabriken, besonders Bijouterie-, Metall-, Galanterie-Waaren-Fabriken etc., auch Baumwollenspinnereien und [478] Webereien etc.; die Flüsse treiben eine Menge von Mühlen und andern Werken; in manchen Dörfern beschäftigen sich die Einw. mit Holzarbeiten aller Art, besonders aber mit der Verfertigung hölzerner Tabakspfeifen-Köpfe, mit welchen starker Handel getrieben wird. – Hauptstadt des Bezirkes ist die Stadt

Gmünd, die 6098 (wor. 598 Evang. mit eig. Stadtpfarrer), mit den dazu gehörigen Höfen und Mühlen aber 6235 Einw. zählt. Die Stadt ist Sitz aller Oberamtsstellen, eines kath. Dekanat-, Cameral- und Postamtes, eines Nebenzollamtes, Umgelds-Commissärs, Straßenbau-Inspektors und Revierförsters und liegt in dem fruchtbaren Thale der Rems, nördlich und südlich von hohen Hügeln umgeben, wie in einem Lustgarten. Schon der Name Gmünd, den man von gaudium mundi herleitet, weist auf die Herrlichkeit der Gegend hin und in der That kann man auch nichts Schöneres sehen, als die vielen Baum- und Gemüsegärten mit ihren freundlichen Gartenhäusern, von denen die Stadt rings umgeben ist. Die Bauart Gmünds ist nicht so winklicht, als man es sonst von Reichsstädten gewohnt ist, die Straßen zeichnen sich durch Reinlichkeit und die Häuser durch ansehnliche Höhe aus; lezterer Zahl beträgt etwa 1200 und Gmünd könnte deßhalb wenigstens doppelt so viel Einw. haben. Die Mauern, mit denen die Stadt in alten Zeiten umgeben war, stehen nur noch zum Theil und die Laufgräben sind meist in fruchtbare Gärten umgewandelt. Unter den Merkwürdigkeiten sind die Kirchen, deren Gmünd einst 18 zählte, am merkwürdigsten: die größte ist die Pfarrkirche zum heil. Kreuz, welche von 1351–1377 in gothischem Style ganz von Quadern aufgebaut wurde; das Gewölbe ruht auf 22 Säulen, zwischen welchen 16 Altäre stehen. Leider sind die 2 hohen Thürme, welche einst an die beiden Seiten des Chors gebaut waren, am Charfreitage 1497 eingestürzt und nicht wieder aufgebaut worden. Weit älter noch ist die Johanniskirche, in welcher die Benediktiner zu Lorch bis 1297, wo Gmünd erst eine eigene Pfarrei wurde, den Gottesdienst besorgten; dieselbe ist durchaus massiv und stammt wahrscheinlich schon von dem 11. Jahrh. her; ihre Wände sind mit hieroglyphischen Figuren aller Art geschmückt, worunter die ausgezeichnetste der sogenannte Zweifelsstrick, nämlich ein Männchen mit 3 in einander geschlungenen Brezen ist. Auch ist hier ein Männchen zu sehen, dem ein Teufel die Nase wegreißt und überdieß sind viele zahme und wilde Thiere, meist sehr rauh ausgearbeitet, in die Steine gehauen. Ein altes Gemälde, das die Burg Hohenstaufen und die Gegend von Gmünd, ehe Gmünd existirte, darstellt, erinnert an die alte Sage von der Herzogin Agnes, Gemahlin Friedrichs von Hohenstaufen, die hier auf der Jagd ihren Ehering verloren, aber auf wunderbare Art wieder gefunden und deßwegen an dieser Stelle die Johanniskirche gestiftet haben soll. Der Thurm der Kirche, der sogenannte Schwindelstein, ist bis zu seiner obersten Spitze ganz massiv. Neben an steht die Veitskapelle, die offenbar noch älter ist, als die Johanniskirche und vielleicht das Kirchlein ist, das der Abt Vollrath zu St. Denys ums Jahr 800 mit einem kleinen Kloster hier erbaut haben soll. – Nicht so schön, aber vielleicht eben so alt, ist die Kirche zum heil. Geist, welche an den Spital gebaut ist und deßwegen auch die Hospitalkirche [479-480] heißt. – Die Franziskanerkirche stand am ehemaligen Franziskaner-Kloster, das jezt in ein Schulkollegium verwandelt ist, so wie auch die Kirche zum Gottesdienst der Schüler eingerichtet wurde. – Die Augustinerkirche rührt mit dem vormaligen Augustinerkloster von 1140 her und ist jezt die Stadtpfarrkirche der Protestanten. – Die Dominikanerkirche, nach der heil. Kreuzkirche die schönste, dient jezt zu einem Pferdestall, und es ist gar wehmüthig anzusehen, wie der herrliche Plafond, der durchaus mit goldenen Sternen auf blauem Grunde geschmückt ist, nach und nach durch die Ausdünstung der Pferde herabstürzt. Das an die Kirche angebaute Kloster, das zwar schon 1284 gestiftet, aber erst 1764 mit der so eben genannten Kirche neu und großartig aufgebaut wurde, ist zu einer Artilleriekaserne umgestaltet! – Die St. Ludwigskirche bei dem ehemaligen Frauenkloster, das 1545 gestiftet wurde, rührt von 1701 her, ist aber jezt geschlossen und in ein Magazin verwandelt. – Noch bemerken wir, daß die Kapuzinerkirche mit dem Kapuzinerkloster abgebrochen wurde und die Kapellen zum heil. Georg und zum St. Sebald nicht mehr benüzt werden. – Die St. Leonhardskirche steht außerhalb der Stadtmauern auf dem Gottesacker gegen Gotteszell zu und neben ihr eine Kapelle „zu unseres Herrn Ruh“ an der Poststraße nach Aalen. Ebenfalls außer der Stadt, aber in entgegengesezter Richtung, steht die St. Katharinenkirche und die Kapelle zum heil. Joseph. – Ueber die berühmte Wallfahrtskirche St. Salvator und das Kloster Gotteszell s. St. Salvator und Gotteszell. – Merkwürdig ist auch noch das Rathhaus, das in schönem und modernem Style 1793 erbaut wurde, die sogenannte Schmalzgrube, welche das Stadttheater und die lateinische Schule enthält, das Waisenhaus, das 1768 erbaut und jezt in eine deutsche Schule umgewandelt ist; auch ist der Marktplatz und der Kasernen- oder Paradeplatz sehenswerth. – Die öffentlichen Anstalten Gmünds dürfen nicht übersehen werden, denn außer den vielen deutschen und lateinischen Unterrichtsanstalten befindet sich hier auch ein kath. Schullehrer-Seminar und besonders eine Taubstummen- und Blindenunterrichts-Anstalt. Der Gründer derselben ist der Schullehrer Alle um’s Jahr 1819, der jedoch seit 1823 Unterstützung vom Staate bekömmt; die Blinden in dieser Anstalt beschäftigen sich hauptsächlich mit Verfertigung von Strohböden, Tuchendschuhen und Teppichen, Packschnüren, Bürsten, baumwollenen Strümpfen etc.; auch bekommen sie in der Musik, sowie die Taubstummen im Zeichnen Unterricht; die Vermöglichen bezahlen ein Kostgeld, die Armen aber werden durch freiwillige Beiträge erhalten. (Ein Filial dieser Anstalt besteht zu Eßlingen und ist mit dem dortigen Schullehrer-Seminar verbunden).

Die Einwohner Gmünds beschäftigen sich hauptsächlich mit Gewerben, besonders aber mit der Verfertigung von Bijouterie- und Metallwaaren; der Goldschmiede (so heißen alle, die in Gold, Silber, Tomback, Messing oder sonst einer Composition arbeiten), sind über 500, allein seit über das sogenannte Gmünder Gold eine gesetzliche Controlle eingeführt ist und seit auch in andern Städten die Bijouterie-Fabriken aufgekommen sind, die sich mit denen in Gmünd in jeder Beziehung messen können, sank dieser Handelsartikel Gmünds immer mehr herab. Früher hatten die Gmünder Kaufleute in [480] ganz Deutschland und sogar in Frankreich und den Niederlanden ihre eigenen Waarenlager, jezt aber ist der Handel so gesunken, daß schon viele Goldarbeiter anderswohin gezogen sind; besonders nachtheilig war, daß Oestreich den Gmünder Waaren, wegen ihrer betrüglichen Composition den Eingang in die kais. Staaten verwehrte; dadurch sank die Einwohnerschaft Gmünds auf die Hälfte herab, dessen ungeachtet, ob auch die Wohlhabenheit nicht mehr die alte ist, sind die Gmünder dennoch stets lustig und vergnügt, bekümmern sich wenig um die nächste Zukunft und lassen den lieben Gott walten. Die Mädchen und Frauen werden als von besonders zärtlicher Natur gerühmt und sollen nicht gar grausam seyn; sie lieben den Tanz, das Spazierengehen und vor Allem den Putz, und man trifft daher wohl kaum ein Mädchen, das nicht mit goldenen Ohrenringen, Fingerringen, Halsbändern, Ketten, Schnallen etc. geschmückt wäre. Jezt gehen sie meistens nach der französischen Mode gekleidet, früher aber trugen die Gmünderinnen mehrere lange Röcke, wodurch sie eine üppige Taille bekamen, über diesen eine coquettirende Schürze, eine steife Schnürbrust, ein Wamms mit kurzen Aermeln und Manschetten und eine Band- oder eine kleine Drahthaube; die Sonntagskleider waren von Seide und mit Spitzen und Gold- und Silberborten garnirt. Uebrigens sind die Gmünderinnen, so sehr sie auch das Vergnügen lieben mögen, sehr arbeitsam, denn wohl über die Hälfte derselben, Kinder, Jungfrauen und Weiber vom 8. bis zum 80. Jahre beschäftigen sich von Morgens frühe bis Abends spät mit Perlenstricken; – diese Strickerei wird sogar auf dem Spaziergange und im Wirthshause vorgenommen. Der Profit ist freilich gering, allein die Gmünderinnen meinen, mit Wenigem ungenirt und unabhängig zu leben, sey besser als in einen Dienst zu gehen. – Außer den genannten Gewerben gibt es auch Baumwollenspinnereien und Webereien und der Handel mit holzernen Tabakspfeifenköpfen ist nicht unbedeutend.

Die Geschichte Gmünds fällt ins graue Alterthum zurück und es soll eine auf dem Rechberg im 7. Jahrh. angesiedelte Colonie her zuerst ums Jahr 650 einen Hof erbaut und seiner herrlichen Lage wegen gaudium mundi genannt haben. Andere leiten den Namen von der hier erweiterten Mündung des Remsthales ab. Sey dem nun, wie ihm wolle, so ist so viel gewiß, daß Karl der Große dem Abt von St. Denis hier in Gamundia erlaubte ein Klösterlein nebst einer Kirche zu erbauen; dieser Kirche verdankt Gmünd, wenn nicht seine Entstehung, doch seine Vergrößerung. Besonders viel verdankt der Ort den Hohenstaufen, unter denen schon Herzog Friedrich von Schwaben (von 1080–1105) Gmünd ummauerte; es siedelten sich nämlich hier, als Friedrich auf seiner Burg Hohenstaufen Hof hielt, eine Menge von Handwerkern und Kaufleuten an und die Stadt, welche aber erst durch Kaiser Barbarossa Stadtgerechtigkeit erhielt, vergrößerte sich schnell. Damals schon siedelten sich viele adelige Geschlechter in Gmünd an und rissen die Regierung an sich; als jedoch die Stadt, nach dem Untergange der Hohenstaufen, denen die Gmünder, als ihren angebornen Herren, stets gänzlich ergeben blieben, Reichsfreiheit erhielt, emancipirten sich die Bürger und jagten die Patrizier mit Sack und Pack zur Stadt hinaus. Der Haß über ihre schlechte Wirthschaft, ihren Hochmuth und [481-482] ihren Bedrückungen war damals so groß, daß auch die Burgen der Adeligen in der Runde herum, wie Brogenberg, Eitakofen, Eizelburg, Riederbach und Wolfsthal dem Erdboden gleich gemacht wurden. Nun wurde ein Bürgerlicher zum Bürgermeister erwählt (der erste war Bernhard Klebhagel) und die Verfassung wurde gänzlich demokratisch; die Bürger hatten alle gleiche Rechte und wer 6 Jahre lang Bürger gewesen war, konnte zum Regimente kommen. Später versöhnten sich zwar die Bürger, wie es scheint, wieder mit den Patriziern, indem 1293 ein Adeliger zum Rathsherrn erwählt wurde, allein schon 1349 brach der Krieg von Neuem los und die Patrizier waren nun für immer von der Herrschaft ausgeschlossen. Im Jahr 1353 erhielt die Stadt vom Kaiser Karl dem IV. den Grafen von Württemberg, Eberhard den Greiner, zum Schutzherrn, aber 1375, als lezterem Gmünd von dem Kaiser versezt wurde und er nun die Gmünder Bürger stark bedrückte, entstand eine Fehde mit ihm, die erst 1379, nachdem viele Dörfer und Schlösser der Umgegend zerstört waren, endete; das Elend war damals in Gmünd sehr groß, besonders 1377, als die Pest hier zu wüthen anfing. Mit Württemberg scheint Gmünd überhaupt oft in Fehde gelegen zu haben, wie z. B. 1449 mit Graf Ulrich, der die Gmünder und ihre Verbündeten, die Eßlinger, 1450 bei Nellingen aufs Haupt schlug und zum Frieden nöthigte. Damals müssen in Gmünd viele kunstreiche Leute gewohnt haben, denn Graf Ulrich machte 1450 mit dem Stadtwerkmeister Eiselen einen Vertrag, ihm 2 werfende Handwerke, damit man in die Städte und Schlösser große Steine werfen könnte, zu verfertigen und ihm 2 oder 3 Leute einzulehren, wie man solche Werke machen und gebrauchen müsse. Von nun an hatte die Stadt mit Württemberg Friede und der Wohlstand hob sich immer mehr, so daß die Gmünder viele benachbarte Ortschaften, hauptsächlich von den von Rechberg, ankauften und ihrem Gebiete einverleiben konnten; auch entstanden nun eine Menge Klöster, von denen zum Theil schon die Rede war, nämlich durch Kaiser Konrad III. (schon 1140) eine Augustiner-Mönchskloster, durch Gmünder Bürger 1210 ein Franziskaner-Mannskloster und 1284 ein Dominikanerkloster; 1455 stiftete Anna Hammerstädter ein Beginnenhaus, dessen Bewohnerinnen aber 1487 in den Franziskaner-Orden traten. 1501 erhielten die Gmünder, als sie über den Wucher der Juden und über die dadurch entstandene Abnahme ihres Wohlstandes klagten, von Kaiser Maximilian für 700 fl. die Erlaubniß, die Juden fortzujagen und das Recht, künftig keinen mehr in ihrer Stadt zu dulden. Im Bauernaufruhr wurden die Gmünder aufgefordert, mit den Bauern gemeinsame Sache zu machen, allein die Gmünder weigerten sich und verschlossen den Bauern ihre Thore. Im Innern der Stadt dagegen scheinen die Prediger der Freiheit des Glaubens und des Lebens viele Anhänger gehabt zu haben und um 1526 scheint Gmünd der Reformation sehr nahe gewesen zu seyn, wenigstens wurde von den Freunden der neuen Lehre der alte Rath abgesetzt und ein neuer ernannt, allein der schwäbische Bund sowohl, als auch eine pestartige Seuche 1529 trugen ihr Möglichstes zur Aufrechterhaltung des Katholizismus bei. Im Kriege des Schmalkaldischen Bundes mit dem Kaiser wurde Gmünd 1546 von dem 40,000 Mann starken Bundesherr [482] beschossen und mußte sich am 26. Nov. auf Gnade und Ungnade ergeben. Churfürst Johann Friedrich nöthigte die Stadt sogar das Pabstthum abzuschwören und die Augsburger Confession anzunehmen; allein als der Churfürst 1547 in der Schlacht bei Mühlberg des Kaisers Gefangener wurde, traten auch die Gmünder wieder vom Protestantismus ab und der päpstliche Nuntius zu Wien, Zacharias Delphinus, dankt ihnen sogar in einem lateinischen Hirtenbriefe für ihre kath. Treue. Nun wurden die Gmünder von immer größerem Eifer für ihre kath. Religion beseelt und wenn auch einzelne Bürger der Augsburgischen Confession anhiengen und heimliche Zusammenkünfte hielten, so wurden sie dennoch der Sache bald überdrüssig, da man sie von Seiten des Stadtraths verfolgte. Im 30jähr. Kriege wurde die Stadt wiederum von den Schweden hart mitgenommen, und später von der Pest 1677. Im J. 1701 empörte sich die Bürgerschaft gegen den Rath; der Aufruhr wurde aber, obgleich mit Mühe, beigelegt. Im J. 1703, im spanischen Successionskriege, überlieferte die Stadt den Franzosen die Schlüssel und eben dasselbe geschieht 1796 und 1800. Ein Brand 1793 zerstörte mehrere der schönsten Gebäude der Stadt. Im J. 1803 wurde die Reichsfreiheit Gmünds aufgehoben und die Stadt sammt ihrem Gebiete dem Königreich Württemberg einverleibt, das hier nun ein eigenes Oberamt errichtete, und die Stadt auch sonst wohl bedachte. – Die Artillerie zieht alljährlich von Ludwigsburg nach Gmünd, wo sie den Sommer über bleibt und in der Nähe Schießübungen anstellt. Das kath. Schullehrerseminar ward im J. 1827 errichtet.

Noch haben wir Einiges über die Verfassung und das Gebiet der frühern Reichsstadt Gmünd zu sagen. Die Regierung von Stadt und Land befand sich in den Händen eines Magistrats, der aus 3 Bürgermeistern, 2 Ober- und 3 Unterstädtemeistern und 4 Senatoren bestand; von lezteren waren 3 bei der Constributionskasse angestellt und hießen Cassierer. Der 4te und Jüngste war zugleich Bauherr. Der regierende Bürgermeister, welcher 4 Monate im Amte war, sagte die Rathssitzungen an und trug die Gegenstände der Verhandlungen vor; die Majorität entschied über einen zu fassenden Entschluß; bei dieser Berathung haben 2 Consulenten, von denen der erste Canzleidirektor und der zweite Stadtschultheiß ist, nur consultative, in Rechtsfällen aber eine entscheidene Stimme. Der geheime Rath, der aus den 3 Bürgermeistern, den 2 Oberstädtemeistern und den 2 Consulenten besteht, besorgt die Angelegenheiten der Landschaft und die Sachen, die keinen Verzug leiden, hat aber darüber dem großen Rath zu referiren. Die Städtemeisterstube oder Stadtkammer, die aus den 2 Ober- und 3 Unter-Städtemeistern besteht, besorgte die Stadtökonomie, den Brückenbau, die Feueranstalten, die Stadtwaldungen und das städtische Rechnungswesen. Die Cassierstube und das Steueramt, aus den 3 Cassierern bestehend, nahm die Steuern ein, besorgte die Ausgaben ans Reich, an den Kreis, für Bewaffnung des Contingents etc. und stellte Rechnung darüber. Die Rathstellen werden durch den Magistrat vergeben und hierin liegt das aristokratische Element dieser Verfassung; dagegen aber hatte die Bürgerschaft das Recht, 5 Anwälden, Syndici, aus ihrer Mitte zu wählen, welchen die Stadtrechnungen [483] zur Einsicht vorgelegt werden müssen. Sie konnten auch, wenn sich die Bürgerschaft beschwert glaubte, im Namen derselben Vorstellungen machen und im nöthigen Fall an die höchsten Reichsgerichte appeliren. Bei[1] außerordentlichen Fällen wurden sie auch manchmal, sogar mit Zuziehung der Zunftvorsteher, zu den Berathschlagungen gezogen und ohne ihre Beistimmung nichts vorgenommen. Uebrigens hatte jeder Bürger gleiche Rechte und konnte wenigstens zum Regimente kommen; die Bürger waren auch von Frohnen und Wachediensten frei. Man begriff aber unter ihnen nur die Einwohner der Stadt Gmünd; die zum Reichsstädtischen Gebiet gehörenden Bewohner waren blos Unterthanen, die sich in Streitsachen an ihren Amtsvogt zu wenden hatten und als Handwerker den Zünften zu Gmünd sich einverleiben lassen mußten. Der Aemter gab es zwei; das Amt Betringen mit den Dörfern Unter- und Oberbetringen, Weiler i. d. Bergen, Bargen, Beuren i. d. Bergen, Unter- und Oberbäbingen, Lautern, Möcklingen, Dewang, Herlighofen, Straßdorf etc.; und das Amt Spreitbach mit Zimmerbach, Muthlang, Weggen und verschiedenen andern Weilern und Höfen. Das Contingent der Reichsstadt zur Reichsarmee betrug 57 Mann zu Fuß, zum Regiment Baden-Durlach und 11 Reiter zum Regiment Württemberg-Dragoner.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Be Vorlage