Umbrische Nächte
Du hattest unter Kuß und Kosen
Der Stirne Lorbeer mir entlaubt,
Und kränzest nun mit wilden Rosen
Bachantisch lächelnd mir das Haupt.
Mein Aug’ so trüb, mein Herz so krank,
Da war es, daß mir unter Thränen
Die Harfe dumpfen Klangs entsank.
Und als, die Schwüre zu erwidern,
Da schwoll mein Herz von tausend Liedern,
Allein die Harfe rührt’ ich nicht.
Doch diese Nacht, die Nacht der Wonnen,
Will ich im Jubelklang vergehn!
Aus meinen gold’nen Saiten weh’n.
Drum reich’ die Becher, reich’ die Kränze!
Mir führt die trunk’ne Hand Properz.
So klingt’s und blüht’s in keinem Lenze,
[10]
Wenn Mitternacht den Dom der Sterne
Betritt mit schweigendem Gebet;
Wenn aus des Aethers kühler Ferne
Ein leiser Schöpferodem weht;
In bräutlichem Entzücken wiegt,
Und an des Schläfers nackte Glieder
Sich Cynthia verstohlen schmiegt, –
Dann rühret mir ein Himmelssegen
Dann pocht mein Herz mit Götterschlägen
An ein erbebend irdisch Weib.
Dann fühl’ ich Weihegluthen thauen
Ambrosisch um mein duftend Haar,
Der Schöpfung Räthsel offenbar.
So weht aus fremder Welt herüber
Ein halb verlorner Sphärenlaut.
Der Geist der Liebe geht vorüber:
[12]
An deinem süßen Herzen
Ruh’ ich in stiller Stund’,
Es feuchtet meine Schläfen
Dein athemwarmer Mund.
Da blühen wunderbar
Zwei weiße Rosenbüsche
Mit Knospen purpurklar.
Im traumessel’gen Schweigen
Mir aber ist, als hör’ ich
Viel tausend Nachtigall’n.
Nun wollen Lieder brechen
Aus stürmendem Herzensgrund –
Mir mahnend auf den Mund.
[13]
Komm, laß mit Myrthen dir umlauben
Der Wangen rothgeküßtes Licht!
Und frage nicht nach meinem Glauben,
Ob ich zum Himmelsbürger tauge,
Lehrt dieses Busens Heiligthum;
Es predigt mir dein dunkles Auge
Ein heitres Evangelium.
Mit nektarfeuchtem Kuß geweiht,
Schau’ ich die schöne Gottheit wieder
In aller ihrer Herrlichkeit.
Ihr Tempel ist der ew’ge Aether,
Dort bringe ich, ein trunk’ner Beter,
Der Liebe Flammenopfer dar.
Blick’ ich in dein braunes Auge,
In die dunkle Märchenwelt,
Mir oft leis das Herz geschwellt.
Ward dir nie die schaur’ge Kunde
Von den stillen Geisterseen?
Wo den lustgelockten Wandrer
Blick’ ich in Dein braunes Auge,
Lockt’s mich wie ein Zaubersee,
Todessehnsucht zieht mich nieder,
Und mir wird so geisterweh.
Ahnungsvoll in Furcht und Schmerz, –
Und Du küssest ängstlich fragend
Mit das traumbewegte Herz.
Ich bin erwacht von wilden Träumen,
Schon will ein Grau die Wolken säumen,
Doch schweigend liegt noch das Gefild.
Da ruht dein Leib! – In sanfte Wellen
Ist aufgelöst der Glieder Pracht,
Des Busens Glanz mit Wolkennacht.
Noch schmieget sich an deine Wangen
Ein lächelndes Erröthen an;
Denn wo ein Glück vorbeigegangen,
Vom Himmel naht ein leises Rauschen,
Der Frühling wandelt durch die Welt;
Dein süßes Herz laß mich belauschen,
Das hat ein schön’rer Lenz geschwellt!
Auf dein erglühend Angesicht,
Und deiner Augen zarte Hülle
Durchbricht sein morgenhelles Licht. –
Blick’ auf, mein Lieb! die Wolken prangen,
Dein blühend Herz halt’ ich umfangen, –
O laß mich deine Augen seh’n!
Du schlägst sie auf und senkst sie wieder,
Der Morgen röthet das Gefild. –
Pygmalion sein Marmorbild!