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Tuchfabrik von Adolph Gottlob Fiedler in Falkenau

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Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Tuchfabrik von Adolph Gottlob Fiedler in Falkenau
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 1, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 1, Seite 27–29
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Tuchfabrik von A. G. Fiedler in Falkenau.

[27] Von dem industriellen Chemnitz richten wir unsern Ausflug abermals tiefer in das Land hinein und zwar diesmal in die Gegend von Augustusburg und Oederan an die reizenden Ufer der Flöha. Wir kommen hier zu der


Tuchfabrik von Adolph Gottlob Fiedler in Falkenau.
(Mit Abbildung.)


In einem reizenden, von Bergen malerisch umgebenen und von dem Flöhaflusse durchströmten Thale, in dem Dorfe Falkenau, eine Stunde von Oederan an der Chemnitzer Chaussee und an dem Flöhaflusse gelegen, treten uns diese neuen, schönen Fabrikgebäude entgegen.

Diese Tuchfabrik ist eine der berühmtesten in ganz Deutschland und hat zugleich seinen Betrieb in Falkenau und Oederan.

Der Grundbesitz gehört ausschließlich dem Herrn Eduard Magnus Fiedler in Opatowek bei Kalisch in Polen, wo derselbe eine zweite Tuchfabrik besitzt und leitet. Der zweite Associé des hiesigen Geschäfts heißt Alexander Haupt, dem die Leitung und Führung des Letzteren obliegt. Der Sitz des Geschäftes selbst ist Oederan, der Haupttheil der Fabrik befindet sich in dem Dorfe Falkenau.

Die Gebäude in Falkenau bestehen in:

einem Hauptgebäude von fünf Stock Höhe, 86 Ellen Fronte, 24 Ellen Tiefe, worin sich die Spinnerei, Maschinenweberei, Walke und Appretur befindet,

einem Maschinengebäude, enthaltend Dampfkessel, Wollschweißerei, Wäscherei und Kardentrocknerei,

einem Wintertrockenhaus für Wolltrocknerei und Tuchrahmen,

einem Färbereigebäude mit Blauerei, 4 Küpen und 6 Kesseln, Farben-Niederlage und Wohnungsräumen,

einem Ateliergebäude mit Decatirerei und Holzraspel.

In Oederan befinden sich:

vier Gebäude zu Handweberei und Presse, ein Gebäude für Wollsortirerei, ein Gebäude für Magazine und Niederlagen und mehrere Nebengebäude.

Hierzu gehören fünf Scheffel Feld, Wiese und Garten, außerdem in Falkenau ein Wohnhaus und ein Haus für Arbeiterwohnungen.

Das Etablissement umfaßt sämmtliche zur Tuchfabrik gehörige Branchen, als: Wollsortirerei, Wollwäsche, Färberei, Spinnerei, Weberei, Walke, Rauferei, Scheererei und Presse nebst den dazu nöthigen Zwischen-Branchen und sind die Haupterzeugnisse namentlich: Dick- und ¾Tuche, Satins, sowie Winter- und Sommerrockstoffe.

Die berühmtesten und gangbarsten Artikel sind die Tuche und Sommerrockstoffe, und gehen die sämmtlichen Erzeugnisse dieser Fabrik hauptsächlich nach den Zollvereinsstaaten, nach dem Orient, nach Amerika, Italien und der Schweiz, sowie nach Hamburg. Es hat auch diese Fabrik noch ihre besonderen Verkaufsetablissements in Berlin, Hamburg, Wien, Smyrna, Zürich, Livorno und New-York.

[28] Auf den Industrie-Ausstellungen in Leipzig, Dresden, London und München haben sich diese Fiedler’schen Fabrikate einer ganz vorzüglichen Beachtung zu erfreuen gehabt und erhielten vier Mal die große goldene Preismedaille in Sachsen, und zwar 1822, 1835, 1845 und 1850, in München die belobende Auszeichnung für Tuche und Sommerstoffe.

In fortwährender Thätigkeit sind in dieser Fabrik: 8 Sortiments-Spinnmaschinen, das Sortiment zu 4 Krempeln gerechnet; incl. ein Sortiment von nur 3 Krempeln und den dazu nöthigen Feinspinnmaschinen,

20 mechanische Webstühle,

60 Handstühle,

6 Walkmaschinen,

12 Rauhmaschinen,

16 Transversal-Scheermaschinen und die nöthigen Nebenhülfsmaschinen, und werden diese außer den Handstühlen sämmtlich mit einer Turbine getrieben, welche circa 60 Pferdekraft ausübt. Außerdem finden wir hier noch beschäftigt: gegen 250 Arbeiter, zwei Procuristen, die Herren Carl Felgner und Carl Stohwasser, einen Techniker, zugleich für die Direction der Falkenenauer Fabrik, Herr Gustav Röhrens aus Cottbus, und 6 Reisende.

Der Begründer dieses Etablissements ist der am 12. August 1850 zu Oederan verstorbene Adolph Gottlob Fiedler. Am 11. August 1771 zu Oederan geboren und der Sohn des Schichtmeister und Flanell- und Golgasfabrikant Christian Gottlob Fiedler erlernte er in den Jahren von 1785 bis 1791 die Kaufmannschaft zu Pirna und conditionirte hierauf einige Jahre in einem Handelshaus zu Magdeburg; obschon er hierauf sich selbst als Flanellfabrikant etablirte und nach dem Tode seines Vaters dessen Fabrik übernahm, verwandelte er doch bald sein Geschäft in Tuchfabrikation, und widmete sich von dieser Zeit an der Vervollkommnung derselben mit einem solchen Eifer bis an den späten Abend seines Lebens, daß er viele Jahrzehnte hindurch in diesem Zweige der Industrie seinen Geschäftsgenossen als Vorbild galt; aber nicht nur seine Vaterstadt Oederan und sein Vaterland Sachsen verdanken ihm die weitere Ausbildung dieses Industriezweiges, sondern es erwarb sich auch die von ihm im Jahre 1825 in Opatowek in Polen errichtete Tuchfabrik einen so allgemeinen Ruf, daß sein Name auch im fernen Auslande die größte Achtung genoß. Welche Verdienste sich Fiedler um die Industrie erworben, und wie sehr dieselben auch höchsten Orts anerkannt worden sind, beweisen die ihm zu Theil gewordenen ehrenvollen Auszeichnungen. Nachdem ihm im Jahre 1829 das Ritterkreuz des Königl. polnischen Stanislausordens verliehen worden war, erhielt er im Jahre 1840 den K. K. russischen Orden der heiligen St. Anna und im Jahre 1847 den Königl. Sächsischen Civilverdienstorden; außerdem wurden ihm für seine in Industrieausstellungen gegebenen Fabrikate einmal die goldene Medaille von der K. K. russischen und fünfmal dieselbe von der Königl. Sächs. Regierung zu Theil.

War Fiedlers Thätigkeit auch namentlich auf den von ihm gewählten Beruf gerichtet, so darf doch ebensowenig vergessen werden, daß er auch in mancher anderen Richtung zur Hebung der Gewerbthätigkeit beigetragen und der Schöpfer von mit bedeutenden pecuniären Opfern verbundenen Unternehmungen wurde, welche das öffentliche Interesse wesentlich beförderten. Wir erwähnen hier nur die seit einer langen Reihe von Jahren von ihm besessenen Kohlen- und Kalkbergwerke, und die ausgezeichneten Privatforstculturen auf seinem Besitzthum Memmendorf und Langenstriegis, denen er bis zum Ziele seines Lebens besondere Sorgfalt widmete.

Einen seltenen persönlichen Muth, wie eine ungewöhnliche Entschlossenheit und Ausdauer hat Fiedler in der Zeit des französischen Krieges in seiner Stellung sowohl als Bürgermeister der Stadt Oederan, wie als Etapen-Commissar bewiesen; wir gedenken nur beispielsweise, wie er damals unter sehr schwierigen Verhältnissen die sofortige Lieferung sämmtlicher Bekleidungsgegenstände für zwei Militairregimenter übernahm und den Auftrag in kürzester Zeit zur vollen Zufriedenheit des Militairs ausführte, überhaupt aber durch [29] sein umsichtiges und energisches Auftreten in den Kriegsjahren im Allgemeinen seiner ihm dankbaren Vaterstadt Oederan wesentliche Dienste leistete.

Nie kann und wird es Letztere vergessen, was er für sie in den Jahren 1817 und 1847 zur Linderung des Nothstandes gethan, sie wird und muß eingedenk sein, welche pecuniären Opfer er für seine Gemeinde wie für einzelne Glieder derselben gebracht. Fiedlers Character und Leben zeichnete sich besonders aus durch unermüdlichen Fleiß, Einfachheit der Sitte, Frömmigkeit, Wohlthätigkeit, Humanität.

Seine Gattin, mit welcher er sich im Jahre 1794 verheirathet, war ihm nach einer mehr denn fünfzigjährigen Ehe im Tode vorangegangen. Er hinterließ 5 Kinder, 10 Enkel und 11 Urenkel.

Der hauptsächlichste Theil dieser Tuchfabrik war bis im Jahre 1855 in Wingendorf und Oederan, die Walke bis dahin in Falkenau. Im Jahre 1851 brannte in Falkenau eine Herrn Fiedler gehörige Mahlmühle nebst Baumwollspinnerei ab, und im Jahre 1852 wurde zum Aufbau der jetzigen dortigen Fabrikgebäude geschritten, welche 1855 vollendet wurden. Im Mai 1855 wurde zur Translocation der bis dahin in Wingendorf befindlichen, zur Tuchfabrikation nöthigen Maschinen geschritten, die aber den neuen Gebäuden und der starken Wasserkraft angemessen um circa ein Drittheil vermehrt wurden. Die Mühle wurde in Wegfall gebracht.

Die von Herrn A. G. Fiedler in Opatowek in Polen gegründete Tuchfabrik ward im Jahre 1824 bis 1826 gebaut und wird durch drei Dampfmaschinen betrieben. Sie beschäftigt 42 mechanische und circa 80 Handwebestühle und liefert jährlich gegen 5000 Stück Tuche, deren Absatz lediglich nach Polen und Rußland stattfindet.

Nach dem Tode des Gründers ging sie gleich der Oederaner Fabrik auf die drei nachgelassenen Söhne desselben über, von denen aber zwei bald darauf ebenfalls starben, so daß seit 1852 nur der zweite Sohn, der davon übrig blieb, Herr Eduard Magnus Fiedler, als Universalerbe Eigenthümer der Fabriken geblieben ist. Derselbe dirigirt die Fabrik in Polen, während dessen Associé für das Oederaner Geschäft, Herr Alexander Haupt, welcher im Jahre 1825 als Lehrling in das Geschäft eintrat, im Jahre 1834 Procura erhielt und im Jahre 1847 als Teilnehmer des Oederaner Geschäftes aufgenommen wurde, das Oederaner und Falkenauer Etablissement verwaltet.