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Die Papier-Fabrik von Carl Friedrich August Fischer in Bautzen

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Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Die Papier-Fabrik von Carl Friedrich August Fischer in Bautzen
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 1, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 1, Seite 30–32
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Papierfabrik von C. F. A. Fischer in Bautzen.

[30] Von den Ufern des Flöhaflusses rasten wir auf unserer industriellen Wanderung an den Ufern der Spree, und zwar in einer Gegend, wo dieselbe noch jugendlich feurig dahinbraust aus dem Gebirge und sich ungestüm Bahn bricht durch und über Felsen und Gestein. Es geschieht dies bei der alten Sechs- und Hauptstadt der in vielfacher historischer, sowie industrieller Hinsicht so merkwürdigen Oberlausitz, bei Bautzen, und fassen wir für jetzt hier vorerst die weithin durch ihre Fabrikate rühmlichst bekannte Fischer’sche Papierfabrik in’s Auge.


Die Papier-Fabrik von Carl Friedrich August Fischer in Bautzen.
(Mit Abbildung.)


Dieses Fabrik-Etablissement ist sehr alten Ursprungs und besteht als Papiermühle gewiß schon über zwei Jahrhunderte, wie verschiedene Beweise vorhanden. Früher, und zwar bis 1674, wie ein im Wohnhause befindliches redendes Wappen nachweist, befand es sich in den Händen der Familie Schaafhirt, einer noch jetzt in Sachsen blühenden Papiermacher-Familie. Von da ab besaßen es die „Fischer,“ von welchen der im Jahre 1842 verstorbene Carl Friedrich August Fischer einen weit über Deutschlands Grenzen wohlverdienten Ruf besaß. Wurde zwar auch erst im Jahre 1827 mit der Anlage einer neuen, der jetzt bestehenden, Fabrik begonnen und darin die erste von Widmann in Heilbronn erbaute Papiermaschine im Jahre 1834/35 aufgestellt, so hatte doch Fischer in der verbesserten Darstellung der Hand- oder Buttenpapiere gewiß damals den Culminationspunkt erreicht, und nur darin ist der Grund zu suchen, warum ein so rüstig vorwärts strebender Geist erst nach fast 10 Jahren der Erfindung der Papiermaschinen in England zur Errichtung einer solchen sich bewogen fühlte.

Nach Fischers Tode führte in seinem Geiste und seiner Thätigkeit Herr Heinrich Volter aus Heidenheim bis 1848 die technische Leitung und erbaute für die Oberguriger Fabrik eine noch heute gute Dienste leistende Maschine, da schon in Bautzen bei Lebzeiten Fischers eine zweite Maschine montirt worden war.

Als im Jahre 1848 Herr Wilhelm Schallowetz die Direction übernahm, wurde trotz der Ungunst der Zeiten ein großartiger Neubau begonnen, welcher durch Aufstellung von fünf Jononlschen Turbinen viel Aussehen in der technischen Welt machte und die Fabrik zu einem der sorgfältigst eingerichteten Etablissements erhob. Endlich übernahmen im Jahre 1852 der älteste Sohn des Hauses, Adolph Fischer, sowie der Schwiegersohn Heinrich Demuth die Leitung beider Fabriken und wird jetzt das Bautzner Werk durch Aufstellung von zwei 25pferdigen Dampfmaschinen, neuer Kocherei und neuem Holländer wiederum vergrößert und den Anforderungen der Neuzeit gerecht gemacht.

Dieses Etablissement besteht aus zwei auf das engste mit einander verbundenen Papiermühlen, von denen die Hauptfabrik die in unserer Abbildung vor uns liegende zu Bautzen, die andere sich in dem Dorfe Obergurig, welches nur eine Stunde von Bautzen entfernt ist, befindet.

Die Hauptfabrik liegt in dem reizenden, höchst romantischen Spreethale, welches die Stadt auf der einen Seite umgiebt und woran die sogenannte Saidau gebaut ist, umgeben von felsigen Bergabhängen, welche den Fluß hier in seinem geschlängelten Laufe bald enge, bald weiter einschließen und ist nur ungefähr zehn Minuten von der eigentlichen Stadt selbst entfernt, gewiß eine in jeder Hinsicht sehr günstige Lage.

[31] Es umfaßt dieses ganze Haupt-Etablissement:

zwei Hauptgebäude mit einem Flügelgebäude, in welchem letzteren beide Papiermaschinen in einem Saale stehen. Da es der Raum überall zuließ, ist jede Branche der Arbeit immer in einem Locale vereint, z. B. die Holländer, die Bleiche, die Papiersortirung, und es erleichtert dies Fabrikation und Aufsicht selbst. – Ein neuer bedeutender Anbau, welcher zwei Dampfmaschinen und 6 Holländer enthalten soll, ist nach demselben Principe construirt und schließt sich dem schon vorhandenen Werke in größter Symetrie an.

Die Fabrik in Obergurig liegt ebenfalls weiter abwärts an der Spree in einem von Bergen begrenzten Thale, circa 10 Minuten von dem eigentlichen Dorf entfernt. Sie bildet kein so regelmäßiges Ganze, da in ihr die stufenweise Vergrößerung ersichtlich ist, doch haben auch hier bedeutende Renovirungen Einheit und Ordnung in den baulichen Verhältnissen zu schaffen gesucht. Sehr schön hell, hoch und geräumig ist das Maschinenhaus, das Dampfkesselhaus etc.

Die bevorzugte Fabrikation ist die feiner Druckpapiere, namentlich lithographische und Kupferdrucksorten. Canzlei- und Postpapiere werden in der Bautzner Fabrik zu regelmäßig wiederkehrenden Zeiten gefertigt und außer courenten Lagersorten darauf keine Bestellungen angenommen. Ordinaire Druck- und Schreibpapiere werden ebenfalls viel geliefert, sobald dazu geeignete Vorräthe an Rohmaterial deren Verwendung gebieten. An einer Butte in Bautzen werden Papiere mit Wasserzeichen, z. B. Cassenbillets, Pässe etc. geschöpft, an einer dergleichen in Obergurig aber noch Embellagepapier und Pappen in gern gesehener Festigkeit gearbeitet. Bunte Papiere, außer naturblau und roth, fertigt die Fabrik nicht mehr.

Die Fischer’schen Papiere haben weithin einen guten Ruf und concurriren in den feineren Sorten mit den französischen mit dem größten Glück, besonders in den Kupferdruck- und Landkartenpapieren, welche auch die am meisten gesuchtesten und berühmtesten Erzeugnisse dieser Fabrik sind.

Der Absatz aller dieser Papiere geht weithin und könnte diese Fabrik nach Leipzig, Berlin und Breslau noch doppelt so viel liefern, als sie beschaffen kann, außerdem wird von den Kupferdrucksorten viel nach Dresden, Löbau, Zittau und weniger bedeutenden Orten verkauft.

Die Fabrik hat verschiedene sächsische Ausstellungen beschickt, ebenso die in Berlin im Jahre 1844, ferner 1851 London und 1852 die zu New-York.

Die Fabrikate haben bereits im Jahre 1824 die kleine goldene Preismedaille für Sachsen erhalten, hierauf öfters den erneuten Anspruch darauf, zuletzt im Jahre 1850 nach der Leipziger Ausstellung. Ebenso erhielten sie in Berlin 1844 die silberne und 1851 in London die broncene Medaille.

In der Fabrik zu Bautzen stehen zwei Papiermaschinen, welche, wie das ganze Werk, durch die Wasserkraft der Spree bewegt werden. Dampfkraft wird eingerichtet. Die Anlage des treibenden Räderwerks wurde im Jahre 1848/49 durch die Schweizer Maschinenbau-Anstalt von Escher, Zikyß u. Comp. eingerichtet und zwar mit 5 Jononl’schen Turbinen, welche bei einem Gefälle von 16‛, circa 100 bis 110 Pferdekräfte repräsentiren.

In Obergurig wird eine Papiermaschine und ebenfalls Wasserkraft durch verschiedene gewöhnliche Mühlräder benutzt.

Die Hauptfabrik in Bautzen, woselbst auch das Comptoir, steht seit 1852 unter der Leitung des Mittheilhabers H. Demuth, während die Oberguriger Fabrik Herr Adolph Fischer verwaltet. Seit fast 20 Jahren ist in Bautzen Herr Carl Meyer Comptoirdirigent und Procuraträger der Firma, sowie einen gleichen Zeitraum Herr Carl Menzel die technischen Details der Fabrikation als Factor treu und mit seltnem Geschick leitet. In Obergurig ist Herr Factor Schinkel seit circa 12 Jahren als solcher thätig. In der Bautzner Fabrik steht die Aufsicht des mechanischen Theils der Werke unter Leitung zweier Werkmeister, Joh. Juhrich und Freygang, wovon namentlich Ersterer als ein seltnes Beispiel, wie weit durch Selbstlernen ein einfacher Zimmermann gelangen kann, ehrenvolle Erwähnung verdient. – Bautzen beschäftigt 57 Männer und 3 Knaben (über 14 Jahre), 58 Frauen und Mädchen zum Sortiren der Hadern, sowie 25 Frauen und Mädchen zum Papiersortiren, also 143 Köpfe. Obergurig hat einen wichtigen Werkmeister, [32] Traugott Steglich, sowie 44 Männer und 28 Frauen und Mädchen, also 72 Köpfe. Beide Fabriken arbeiten Tag und Nacht, durch doppeltes Personal in zwei gleiche Arbeitsschichten getheilt. Obschon die Löhne in hiesiger Gegend nicht zu hoch zu nennen sind, verdienen sich doch alle Arbeiter sattsam für ihr Leben, und die Fabrik bleibt für alle arbeitstüchtigen und fleißigen Leute ein gern gesuchtes Brod. Im Accord wird nur die Sortirerei der Hadern und des Papiers betrieben. Der älteste Arbeiter ist gegenwärtig in Bautzen Adam Pech, 72 Jahr alt und 56 Jahr im Dienst der Fabrik; von den Frauen Johanne Christiane, verehel. Häusler, 63 Jahre alt und über 30 Jahre activ. In Obergurig zählt Andreas Briesowsky 66 Jahr, wovon 50 Jahre Dienstzeit, und Marie Rensch bei einem Alter von 47 Jahren 24 Jahre Dienstzeit. Alle Genannten verrichten noch heute ihre Arbeit vollkommen.

In Bautzen hält die Fabrik ein offenes Geschäft, woselbst alle Sorten Papier in Detail verkauft und gleichzeitig kleine Posten Rohmaterial eingekauft werden.

Wenn es einestheils das Streben dieser ehrenwerthen Firma ist, rastlos in der Verbesserung der Fabrikate vorzuschreiten und der ausländischen Concurrenz die Spitze zu bieten, so liegt ihr ebenso sehr die Verbesserung der physischen und sittlichen Zustände der Arbeiter am Herzen. So wird in den Zeiten kleinen Wassers, in welchen die Fabrikation bis jetzt beschränkt wurde, kein Arbeiter entlassen, sondern gegen Tagelohn mit andern Arbeiten beschäftigt; so erfreut sich die Fabrik einer Krankencasse, welche durch wöchentliche Beiträge der Arbeiter unterstützt und durch namhaften Zuschuß des Geschäfts miterhalten, dem Erkrankten freie Arznei und ärztliche Hilfe, außerdem Geldzulage, nach dem Tode Begräbnißgeld, bei Arbeitsuntüchtigkeit Pension gewährt.