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Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae: Böheim

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Topographia Germaniae
Böheim (heute: Böhmen)
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Altsattel
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1650, S. 3–9.
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[3]
I.
Böheim.

Das Böhmerland ist eine Gegend in Teutschland / stossend nach Auffgang der Sonnen an Mähren und Schlesien; nach Abend an das Voigtland / die Ober-Pfaltz und Bäyerland; nach Mittag an Oesterreich; und nach Mitternacht an Ober-Laußnitz / und das Meißner-Land. Ist also allenthalben mit Teutschen umbgeben: wie dann auch Melchior Goldast in seinen grossen Commentariis, de Bohemiae Regni, incorporatarumque Provinciarum Juribus ac Privilegiis, nec non de haereditaria Regiae Bohemorum familiae successione, deß Jahrs 1627. zu Franckfurt in groß Quart getruckt / beweiset / daß Böheim vor Alters zu Teutschland gehört habe / und noch jetzt darzu gehöre. Es ist solches Land rings umbher mit dem Walde / so von dem Lande den Namen / gleichwie mit einer Mauer umbgeben: fast so breit als lang / nemlich beyderseits von dreyen Tagräisen / daran die Nord-Winde stossen. Käiser Carl der Vierte / König in Böheim / hat es in 12. Cräise unterschieden / darauß hernach 14. worden; wiewol Johann Heinrich Hagelganß / in deß Chorographischen Versuchs erster Fortstellung / oder Beschreibung der Käiserlichen Erbländer / p. 12. seqq. ihrer 15. setzet. Es haben diese Cräise / nach den fürnehmsten Städten / ihre Namen / sonderliche Cräiß-Hauptleute / auch Jura Comitiorum, und Armorum, vor dem nechsten Krieg gehabt / wie in der Böhmischen Deduction-Schrifft p. 136. seqq. zu lesen. Siehe unten die Beschreibung Prag / am Ende. Wenceslaus Hagegk / ein Böhm / der zur Zeit Ferdinands deß Ersten / umbs Jahr 1541. gelebt / schreibet in seiner Böhmischen Chronik / daß damals in Böheim 102. Städte / und darunter 41. deß Königs [4] und der Königin / und 61. der Herren; Item 308. Städtlein und Märckt / 258. Haupt-Schlösser / und darunter 18. Königliche. 2033. Pfarrkirchen und 30363. Dörffer / darauß man das Viehe getrieben / gewesen seyen: welche Zahl ums Jahr 1613. nach etlicher Rechnung / höher kommen; aber / bey deme bißhero in diesem Lande vorgewesenem Krieg / starck abgenommen hat. Es ist Böheim ein herrliches Land / da man fast alles / so vonnöthen / finden thut: hat auch Saltz-Brunnen / wiewol dieselbe gleichsam für nichts geachtet werden; dahero das Saltz anders woher ins Land gebracht werden muß. Der Weinwachs ist ziemlich; sonderlich aber gibt es da einen stattlichen Treidboden / herrliche Früchte / und köstliche Fisch / Wildpret / Vögel / allerhand Vieh / auch etliche gesunde und heylsame warme Bäder: in Summa alle Nothdurfft / zu Unterhaltung menschlichen Lebens / ist da reich- und überflüssig zu finden / und dannenhero / zu Friedens-Zeiten / gar wolfeyl zu zehren: wie dann auch gutes Bier / braunes und weisses / im Lande gesotten wird. An Gehöltz und Püschen ist auch kein Mangel / und werden Gold / Silber / Zinn / Bley und Eisen-Bergwerck / darinn gefunden: an etlichen Orten trifft man auch edle Gesteine / als Carbunkel / wie mans darfür erachtet / und Amethisten an. Die vornemste Wasser seyn / die Elb / Eger / Multhau oder Muldau / Sazawa / Orliecze / Lusinitz / Gyzera / Mise. Es seyn auch etliche Flüsse und Wässerlein in Böheim / die Goldkörnlein führen / und Schneckenhäußlein haben / darinnen man Perlen findet. Vorzeiten waren 3. Stände im Lande / der Prälaten / deß Adels / und der Städte: aber / zur Zeit deß Hussiten Kriegs / wurden die Geistlichen von den Landtägen gäntzlich / was den Sitz anbelangt / außgeschlossen; also / daß hernach die alte Zahl der Stände zwar geblieben; aber solche in die Herren / Edelleute / und Burger seyn getheilet worden. Unter dem ersten Stande der Herren / werden Fürsten / wann die vorhanden / neben den Grafen / auch begriffen; als welche in Böheim keinen besondern Stand machen: Allein Glatz hat den Titul einer Grafschafft; wiewol / wie unten gesagt werden wird / theils dieselbe von Böheim außschliessen. Die Aempter dem Herren-Stande zuständig seyn / das Pragerisch Burggraffthumb / deß Land-Hofmeisters / Land-Marschalcks / deß Canzlars / und Hof-Richters. Das Ampt dem Stande der Herrschafft zuständig / ist das Burggraffthumb zu Carlstein / welches einer auß den Herren / und der ander auß der Ritterschafft / haben / das Schloß besitzen / und wol verwahren sollen. Die Aempter dem Stande der Ritterschafft allein gehörig / seyn / deß Landschreibers / deß Unter-Cämerers / und deß Burggraffthumbs Grätzer Cräißes. Das Müntzmeister-Ampt mag der König einem auß den 3. Ständen verleyhen / wem er wil. Der Hermunder in Böheim König Panilus, der seinen Sitz zu Krilich / oder Krulich / solle gehabt haben / wird für den ersten Gesetzgeber in Böheim gehalten. Ihme sollen folgends Primislaus und Libussa, in Fürschreibung dero Gesetze / gefolget haben; welche / und die Böhmische Gewonheiten / hernach unsere Käiser zum theil bestätiget / zum theil verbessert / erkläret und vermehret haben. Zu denselben ist auch das Sächsische Recht kommen / zu welchem die Böhmen und Polen / wann sie in ihren Land-Rechten angestanden / ihr Zuflucht genommen / und zu Magdeburg das Recht geholet haben. Endlich hat Käiser Carl der Vierte / und König in Böheim / gelehrte Doctores zu Rath gezogen / das Böhmische Recht verbessert / und die Lands-Ordnungen in gewisse Titul eingetheilet; die unter dem General Titul / Majestas Carolina, im Jahr 1617. zu Hanau gedruckt worden seyn; nach welchem man in der Neu-Stadt Prag das Urtheil / wie man sagt / fället; wiewol einen Theil solcher Constitutionen, sonderlich die zu Nachtheil der Stände gemacht zu seyn scheineten / der Käiser wiederumb auffgehebt / und die Böhmen solchen Codicem Carolinum jetzt nicht hoch mehr halten sollen; wie besagter Goldastus, im 4. Buch am 15. Capitel erinnert / und im 16. Capitel saget / daß dieses ein sehr alte / und von den Voreltern ererbte / und beständig erhaltene Böhmische Gewonheit seye / daß man die Verräther deß Vatterlands Freyheit / wann sie in der That ergriffen werden / ohn einig vorgehend Befrag- und Erforschung / zum Fenster hinauß werffen mag. Es seyn / sagt Zacharias Theobaldus, im ersten Theil [5] vom Hussiten Krieg / am 172. Blat / die Böhmen von Natur rachgierig; und haben auch andere Mängel / wie davon bey andern zu lesen; wiewol deren kein Volck befreyet ist / sondern ein jedes seine Gebrechen / auch Schelter und Lober hat. Ihre Bauren zwar halten sie / als leibeigene Leute / gar streng und hart. Sonsten seyn die Böhmen gute Krieger / starck und groß von Leib / und können was außstehen; wie solches auch deß Königreichs Wappen anzeiget / in welchem der Löw ein doppelten Schweiff hat / damit Käiser Friederich der Erste / so solches Wappen ertheilet / anzeigen wollen / daß deß Böhmischen Königs Uladislai Tapfferkeit / der andern Fürsten / so ihme in dem Italiänischen Krieg beygewohnet / übertroffen habe. Sie förchten sich auch nicht groß für dem Tode; daher auch unter die Ursachen / daß die Pest so offt in Böheim regieret / von obgedachtem Theobaldo dieses gesetzt wird / indem Er im ersten Theil / am 6. Capitel / und 49. Blat schreibet: Daß erstlich sich das Volck unordentlich im Essen und Trincken / mit Brandtwein / Bäwschnitzen / gebranten Erbsen / weissem Bier / und anderer unverdäulicher Speiß und Tranck verhalte; Palenij / Palenzky / Pudschalku / Dopinku / Wily / Bivo / seyen solcher nassen Brüder von Sauffenberg / fünff Erbheyling: Zum andern / so lauffen die Leute ohn alle Scheu / wie das Vieh durcheinander / und werde immerzu einer von dem andern inficirt und angesteckt. Es mache aber / daß sie sich nicht scheuen / ihr falscher Wahn / indem sie / wie die Juden / vermeynen / so einer nicht darzu gezehlet / und auffgeschrieben seye / so schade es ihm nichts; daher sie / an etlichen Orten / die Todten küssen / schmatzen und gesegnen / ob welchem mancher Mensch / so darzu geneigt / ein solches Vögelein / oder / wie sie reden / Heintzlin singen höret / daß er den Vorreyen am Todten-Tantz springen muß: Zum dritten ist auch bewust / wie fast in allen König-Städten / auch zu Prag / enge / stinckende Gassen gefunden werden / so zu Inficirung der Lufft / und Vermehrung deß Sterbens / sehr helffen. Weil aber unser Vornehmen nicht ist / von dergleichen weitläufftiger / und ein mehrers / allhie zu schreiben: So wollen wir allein vernehmen / was vor Völcker dieses Land vorzeiten bewohnet haben / und von wannen die jetzige desselben Inwohner kommen seyen. Was das Erste anbelangt / so wil obenangezogener Goldastus, daß die Hermiones anfangs solches Land bewohnet / auß welchem die uralte Schwaben / Hermunduri genant / die allerältesten Inwohner deß Theils gewesen / wo die Elb entspringet / und welche hernach von dannen vertrieben worden. Und seyn in diese Lands-Art hernach die Boji, unter ihrem Heerführer / dem Sigweiß / oder Sigoveso, deß Ambigati, der Celten Königs / Schwester Sohn / auß Gallia Celtica (Micraelius lib. 1. Pomer. p. 52. vermeynet auß der Marck / und dem alten Pommer-Land / und daß es die Semnoner / so er mit den Senonern für ein Volck hält / gewesen) umbs Jahr vor Christi Geburt 587. ohngefehr / oder / wie theils wollen / 600. gelangt / und haben solchem einen neuen Namen gegeben / daß es nach ihnen dero Bojen Heimat / Bojohemum, und endlich Böheim genant worden ist. Bey Regirung Käisers Augusti, war dieser Bojen König der Critasirus, den der Dacier König Boërobista, welcher / nach dem Ariovisto, oder Arionisto, die Teutsche Freyheit / wider die Römer zu verfechten / auff sich genommen / umbs Jahr vor Christi Geburt 10. unter seiner Gewalt hatte. Endlich muste er Boerobista nach Mähren / und ferner in Siebenbürgen / Moldau und die Walachey / entweichen / und wurden die Boji selbsten / mit ihrem gedachten König Critasiro, auß Böheim verjagt; da sie dann / ausser desselben / sich gesetzt / und ein neues Königreich angefangen / so folgends / samt dem Lande / nach ihnen / Bojoaria, und Bavaria, genant worden / wie mit mehrerm in der Topographia Bavariae gemeldet worden ist. Es seyn aber die besagten Boji, von den Schwäbischen Marcomannern / auß dem Böhmerland / gantz und gar getrieben worden; obwoln etliche vermeynen / daß theils derselben unter den Marcomannern; gleichwie die obgedachten Hermunduri unter den Bojis geblieben seyen. Was aber die gemeldte Marcomanni, so vorhin in dem Würtenberger-Land / Schwaben / Brißgöw / und der Pfaltz / gewohnet / für einen Weg / zu den obgemeldten des Käisers Augusti Zeiten / hieher genommen; daran ist so viel nicht gelegen. [6] Theils wollen / sie haben sich bey der Schlacht in welcher obernanter König Ariovistus, oder Ernst / auffs Haupt von den Römern geschlagen worden / befunden / nach welcher die Uberbliebene sich in Unter-Steyer begeben / daselbsten sie vom Druso, besagten Käisers Augusti Stieff-Sohn / überwunden worden; daher sie auß der Steyermarck / in Oesterreich und Mähren gezogen / daselbsten ihre Gehülffen / die Quaden / gelassen / und den vordern Theil deß Böhmerlands den Bojis abgenommen haben; welchen hernach der Mörbod / oder Maroboduus, zu Hülff kommen / den Krieg wider die Bojos fortgesetzt / dieselbe mit ihrem König Critasiro, auß dem Land gejagt / solches seinen Marcomannis eingeben / und ihr König worden seye. Sein Gebiet hat sich auch über viel andere Länder herumb erstreckt; aber in Böheim / so damals von den neuen Inwohnern / Marcomannia genant worden / und zwar zu Prag / wegen guter Gelegenheit deß Orts / hat er Hof gehalten. Als er aber bey den Teutschen / wegen deß Argwohns / als wolte er auff sein Geschlecht die angemaste Herrschafft bringen / und auch deß Bunds halber / den er mit den Römern / (wider welche er zuvor / von den Teutschen / durch freye Wahl / und gutwilliger Unterwürffigkeit / zu einem Feld-Obristen erwählet worden) gemacht hatte / angefangen verhaßt zu werden; so ward er zugleich deß Teutschen und Böhmischen Reichs / vom Harminio Cherusco, den die Teutschen wider ihn auffgeworffen / beraubet. Aber / nachdem besagter der Cheruscer Fürst Harminius oder Hermann / (welcher Böheim dem Teutschen Volck unterthänig gemacht / und sonsten viel Länder / als Westphalen / Sachsen / die Marck Brandenburg / Meissen / Hessen / Thüringen / wie sie heutiges Tags genennet werden / und andere mehr / inngehabt / und nach der Königlichen Hochheit gestanden) auß List und Betrug seiner Befreunden / umbs Leben kommen: so hat Maroboduus sein Königreich Böheim wieder erlanget / solches auch wider die Römer beschützet; ist aber auff ein neues / und zwar gäntzlich / von einem edlen Jüngling / Namens Gottwald / oder Catualda, auß den Gotonis, so vorhin / wegen seines / deß Marobodui Gewalts / flüchtig gewesen / auß dem Königreich Böheim verjagt worden. Er / der Mörbod / hat vom Käiser Tiberio erlangt / daß er zu Ravenn in Italia als ein Fürst / sich auffhalten dörffen / daselbst er auch im Jahr Christi 40. gestorben ist. Dem besagten Catualdae gieng es auch nicht besser; dann er wurde vom Jubilio, auß dem alten Königlichen Stamme bey den Hermunduris entsprossen / auch auß Böheim zu den Römern gejagt; die ihn / zu Lohn seiner Treulosigkeit am Mörbod verübt / auffgenommen und versorget: besagter Jubilius aber hat bey den Marcomannern in Böheim / biß auffs Jahr Christi 52. regiret: wer ihme in selbigem Königreich succedirt habe / das ist nicht auffgezeichnet. Dann Vannius, und seine Enickeln von seiner Schwester / Vangio und Sido, haben in Mähren / als von den Käisern Tiberio und Claudio, dahin gesetzt / regiret. Käiser Domitianus, wie auch die Käiser Trajanus und Antoninus Pius, sonderlich aber M. Aurelius Antoninus Philosophus, haben folgends mit den Marcomannern und Quaden / das ist / den Böhmen und Mährern / viel zu thun gehabt. Im Jahr Christi 252. seyn selbige Völcker / mit den Sarmatiern oder Scythen / ins Griechenland gefallen. Anno 262. hat Attalus, der Marcomanner in Böheim König / gelebt; dessen Tochter Piparam, Käiser Gallienus geheurathet / und seinem Schwäher einen Theil von dem Obern Pannonia eingegeben. Anno 271. unter dem Käiser Aureliano, seyn die Marcomanner / mit den Quaden und Sarmatiern in Italien eingefallen / und von ihme dem Käiser / zurück getrieben worden. Anno 304. seyn die Marcomanner und Quaden / von den Käisern Diocletiano und Maximiano, überwunden worden. Anno 306. hiesse der Marcomanner König Osinuchus. Im Jahr 358. seyn dieselben / samt den Quaden und Sarmatiern / als sie in Pannoniam gefallen / vom Käiser Constantio II. und Juliano Caesare überwunden / und zurück getrieben worden. Deß Jahrs 373. haben die Römer ihnen Ursach geben / sonderlich / als ihr König Gabinius treuloser Weise / über der Mahlzeit umbgebracht worden / daß sie über die Donau gesetzt / alles in Oesterreich und selbigen Landen verherget / und Aglar / oder [7] Aquilejam, belägert haben; aber von dem Käiserlichen Feld-Hauptmann Theodosio abgetrieben worden seyn. Anno 397. hat der Marcomanner Königin Fritigil / vom H. Ambrosio eine Formulam deß wahren Glaubens begehrt / deren Gemahl / der König selbsten / das folgende Jahr / sich / und sein Königreich / denen Römischen Käisern / Arcadio und Honorio, unterwürffig gemacht haben solle. Aber der König Hermanricus, so über die Marcomanner / Quaden und Salinger regiret / hat es mit Radagaiso, oder Radagasto, dem Scythen; hernach mit Alarico, dem Gothen / wider die Römer gehalten / und ist mit Ataulpho, deß Alarici Sohn / durch Franckreich in Hispanien gezogen / und hat daselbst der Schwaben Königreich angerichtet. Daher keine geringe Muthmassung ist / daß selbiger Zeit Böheim unter unterschiedlichen Marcomannischen Königen gewesen / deren theils es mit den Römern / theils mit den Teutschen gehalten haben. Anno 444. haben die Marcomanner und Quaden / oder Böhmen / und Mährer / den Hunnen König Attilam zu ihrem Ober-Herrn gehabt; aber / nach seinem Tod / seyn sie wieder frey worden. Hernach seyn sie unter dem Gothischen König Dieterich von Bern / oder Verona, gewesen / und haben ihme in Italien gedienet / und / sonder Zweiffel / damals die nächste an Italien gelegene Oerter / weilen Böheim durch die Hunnen und Gothen übel verwüstet war / eingenommen. Dann / unter dem gemeldten Gothischen König Theodorico, sich der Marcomannische und Quadische Nam in Böheim und Mähren verlohren hat / und der Böhmische wieder herrlich herfür kommen ist. Und scheinet glaublich zu seyn / daß im Jahr 568. die besagte Marcomanner und Quaden auß denen / obangedeuten von ihnen eingenommenen neuen Ländern / und nicht auß Böheim und Mähren / mit den Longobarden / vom Narsete, deß Käisers Justiniani I. Stathaltern / nach Italien beruffen worden seyen / und daselbsten einen Anfang zu Stifftung deß Teutschen Reichs gemacht haben. Es wird benebens aber auch nicht gezweiffelt / daß die Marcomanner einen Theil ihres Volcks in Böheim gelassen / welche die Slaven / der jetzigen Böhmen Vor-Eltern / entweder gar von dannen außgejagt / oder / neben / und unter sich / an theils Orten / wie etliche wollen / haben wohnen lassen; welche Slavi, ein Sarmatisch Volck / von dem Bosphoro Cimmerio, wie Goldastus schreibet / in diese Gegend kommen / und von ihrem Heerführer Zecho, die Czechi genant worden seyn; welche theils Historien-Schreiber unrecht Vandalos (so Teutsche gewesen) heissen thun. Wann aber diese Slaven / (so theils / welche die Sprach nicht verstehen / übel Sclavos schreiben) in Böheim kommen seyen / darinnen seyn die Scribenten nicht einig / indeme theils solche Ankunfft in deß obgedachten Attilae Regirung; andere ins Jahr nach seinem Tod; theils ins 457. 496. und 550. theils ins 600. 639. 644. 645. und 680. nach Christi Geburt / setzen. Deß B. Rhenani Meynung scheinet der Warheit ähnlich zu seyn / welcher wil / daß sie den Hunnen offt zu Hülff kommen / und daher ein bessers Land / als das ihre gewesen / einzunehmen / verursacht worden seyen. Ob es aber das Illyrische / wie er vermeynt / gewesen / da siehet man noch an. Salomon Neugebauer / im ersten Buch seiner Polnischen Historien / wil / daß ums Jahr Christi 430. die Polen und Böhmen auß Reussen und Sarmatia gezogen / und / neben andern Slaven / oder Wenden / der Vandaler (eines alten hochberühmten Teutschen Volcks / wie gemeldt) leere / oder wenig bewohnte Oerter / eingenommen / und von dannen sich in das innere Teutschland und Böheim begeben haben; welches sie leichter / sagt er / thun können; als daß sie in Slavoniam, oder Dalmatiam, so ferner von ihnen gelegen / und durch die Römer beschützt waren / solten gleich anfangs gezogen seyn; in welche Provintzen / wie auch in Macedoniam, Thraciam und Illyricum, sie erst lang nach deß Käisers Justiniani Zeiten / kommen. Und dieses sagt Neugebauer. Andere beweisen auß Procopio Caesariense und Jornande, die am ersten der Slaven gedencken / daß / bey deß besagten Käisers Justiniani Regirung / sie auß Sarmatia, und denen Ländern über der Thonau / in das Illyricum, und andere Römische Provintzen gelangt; und klaget Gregorius Magnus lib. 8 epist. 36. daß sie um selbige Zeit durch Histerreich / biß an Italien kommen; und daher leicht zu glauben seye / daß sie das [8] Noricum, da es gegen dem Adriatischen Meer ligt / auch angefallen haben; und deßwegen vom König Thassilone, in Bäyern bekriegt und geschlagen worden. Siehe unten Schlesien. Es mögen aber diese Sarmatische Wenden / Slavi, Vinidi, oder Venedi in diese Lands-Art kommen seyn / wie sie wollen; so befinden sie sich doch noch heutiges Tages in Böheim und Mähren; wiewol auch viel Teutsche / sonderlich in Mähren / unter ihnen seyn / die mit der Zeit / auß Vergünstigung der Fürsten und Könige / sich hieher gesetzt haben. Welcher gestalt aber / von diesen Wenden oder Slaven / erstlich das Regiment in Böheim / so die Inwohner Cheska Zeme nennen / angestellt / und folgends fortgeführet worden; und wie viel sie auß ihrem Geblüte Hertzoge und Könige / biß auff den letzten König Wenceslaum III. so im Jahr 1306. zu Olmütz erstochen worden / gehabt; und welche Könige demselben / biß auff den jetzt regirenden Herrn Ferdinand den Dritten deß Namens / Römischen Käiser / König in Ungarn und Böheim / Ertz-Hertzog in Oesterreich / etc. succedirt haben; davon können die Böhmische Historien-Schreiber / und andere; auch das Reiß-Buch durch Teutschland / gelesen werden. Dann wir dieses nicht / sondern die Böhmische Städte und fürnehmste Oerter / allhie zu beschreiben / uns vorgenommen haben. Wie dann auch die Kriege / so unsere Teutschen mit den besagten neuen Einwohnern des Böhmer-Landes / ehe sie ihre wilde Weise verlassen / Christen worden seyn / und sich an das Teutsche Reich ergeben haben / geführet; noch auch die jenige Kriege / so zwischen den Teutschen und Böhmen / nachdem sie allbereit Christen gewesen / vorgangen / und in welchen die Böhmische Scribenten nicht allenthalben auffrichtig sich erwiesen / sondern theils Sachen außgelassen / theils erdichtet haben / nicht erzehlen wollen. Es gehören aber unter dieses Königreich Böheim / die Länder Mähren und Schlesien. Laußnitz ist vor wenig Jahren wieder davon kommen / und Chur-Sächsisch worden. So hat die Cron Böheim auch viel Lehen im Reich / welche von derselben empfangen werden. Und befinden sich unter deß Königs in Böheim Lehenleuten / die Chur-Fürsten zu Mäyntz / Pfaltz / Sachsen und Brandenburg; die Ertz- und Bischöffe zu Saltzburg / Bamberg / Würtzburg / Aichstätt / Augspurg / Costantz; die Ertz-Hertzogen / und Hertzogen zu Oesterreich / und Burgrund / in Bäyern / Sachsen / Würtenberg / etc. die Marggrafen in Meissen; Landgrafen zu Thüringen und Leuchtenberg; die Inhaber deß Fürstenthums Henneberg; die Burggrafen zu Nürnberg / etc. die Grafen zu Hanau / Schwartzenburg in Thüringen / Wertheim / Stollberg / etc. die Herren von Limpurg in Francken; die Herren Reussen im Voitland; die von Schönburg im Meissen; die von Wolffstein / etc. die Ritter von S. Görgen in Schwaben / etc. die Städte Nürnberg / Regenspurg / etc. und viel andere Fürsten / Prälaten / Grafen / Freyherren / und vom Adel / in Teutschland; über welche doch der Böhmische König nichts zu gebieten hat / ausser was die Lehen betrifft / da / in der ersten Instantz / die Handlungen zu Prag / vor dem Appellations-Gericht / vorgenommen werden müssen: wiewol heutiges Tages ein grosser Theil der gedachten Lehen / vom König in Böheim / nicht mehr empfangen werden; wie dann jetzt auch in Italien keine Lehen mehr haben solle. Er / der König in Böheim / ist ein Chur-Fürst und Ertz-Schenck deß H. Römischen Reichs / und hat nicht nur seine Stimm / bey Erwählung eines Römischen Königs / wann die andere Chur-Fürsten sich nicht vergleichen können / und die Vota gleich seyn / wie etliche vermeynt haben; sondern er hat auch / von Alters her / seine freye Wahl gehabt / und wird er / vermög der Güldenen Bull / am ersten unter denen weltlichen Herren Chur-Fürsten / gleich nach Trier und Cölln / von Chur-Mäyntz gefragt. Und so er nicht selber zugegen / so wird einer von seinen / oder deß Königreichs Gesandten / nachdem sich der Fall zuträgt / zur Wahl zugelassen. Wann aber er / der König / in Person vorhanden / so gebühret ihme / dem erwählten Römischen König den ersten Trunck / nemlich Wein mit Wasser vermischt / in einem vergüldten silbern Becher zu reichen. Es mag aber der König nach seinem Belieben die Cron / wann er sein Ampt verrichtet / tragen oder nicht. Ist er nicht zugegen / oder er wird selber zum Römischen König erwählet / so verwaltet [9] alsdann / an seiner Statt / dieses Ertzschencken Ampt / ein Herr von Limpurg in Francken / so deß H. Reichs Semperfrey / und Erb-Schenck ist. Und solche Würde eines Chur-Fürsten / und Ertzschencken / trägt der König nicht vom Bischoff zu Bamberg / wie theils wollen / sondern von dem Römischen Reich selbsten / zu Lehen. Er wird gekrönet / und gesalbet / und gebührt ihme der Majestät Titul so wol / als andern Königen; welchen er auch / wann der Käiser einen offentlichen Hof hält / vorgehet: und werden ihme die Fahnen / so dem Käiser / bey der Belehnung über das Königreich / und was darzu gehörig / überreicht werden / gantz unbeschädiget wieder zugestellet. Vorhin seyn unterschiedliche Religionen in diesem Königreich gewesen / die aber Käiser Ferdinand der Ander / und König zu Böheim / biß auff die Römisch-Catholische / so Ihre Majestät / als die Ihrige / allein für gut gehalten / außgeschafft. Von der Alten Böhmen / zum theil / Religions Eiffer / hat Georgius Bartholdus Pontanus, von Breitenberg / unter dem Titul Bohemia pia, h. e. Historia brevis pietatem avitam Bohemiae è Miraculis, Ducibus, & Regibus, sanctis quoque Episcopis & Archi-Episcopis, & ex aliis ostendens, geschrieben. So gehet da der neue Calender im schwang / als welchen Käiser Rudolff / nicht zwar auß deß Pabst Gregorii Befelch / sondern als das Ober-Haupt in weltlichen Sachen / da eingeführet hat. Von dem Böhmischen alten Adel / ist Cyriacus Spangenberg / im Adels-Spiegel / 2. Theil / l. 6. c. 4. und von dem jetzigen / Melchias Nehel, in den Beylagen / zur zehen jährigen Erzehlung / etc. in Exegesi Bohemiae, p. 289. und von Böheim ins gemein auch Chrytraeus lib. 1. Saxoniae, fol. 33. seq. zu lesen. Und ist im Jahr 1646. Herr Georg Graf von Martinitz dieses Königreichs Canzlar gewesen.

Wir wenden uns nunmeher zu unserm Vorhaben / und Beschreibung der Städte / und vornehmsten Oerter in Böheim / und der Grafschafft Glatz; dabey aber zu erinnern / gleich anfangs vorfällt / daß wir von theils derselben wenig finden / und erfahren mögen; und daß auch viel Plätze anders auff Böhmisch / und anders auff Teutsch genant werden / und man sich darinn bald verstossen könne. Wir wollen aber / so viel uns wissend ist / nachfolgenden Bericht hievon geben / und so wir eines bessern unterwiesen werden / unsern Irrthumb gern erkennen / und ändern. Und seynd diese nachgehende Oerter / als: