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Tempe in Griechenland

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
XLIV. Mainz Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band (1833) von Joseph Meyer
XLV. Tempe in Griechenland
XLVI. Briegg, an der Simplonstrasse, in der Schweiz
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DAS TEMPE-THAL
in Griechenland
LA VALLÉE TEMPÉ en Grèce TEMPE

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XLV. Tempe in Griechenland.




In der an Naturschönheiten reichen Landschaft Griechenlands, in Thessalien, 6 Stunden unterhalb Larissa, drängt sich der Peneus mit silberklarem Strome durch eine – den hohen Olympos und den Ossa – scheidende Felsenschlucht. Diese, ein etwa 2 Stunden langes und in der Breite von 100 bis zu 2000 Fuß wechselndes Defilee bildend, durch das sich der einzige fahrbare Weg zwischen Thessalien und Macedonien windet, [107] ist das weltberühmte Tempe, dessen Schönheiten die Schriftsteller des Alterthums begeisterte. – „Die Natur,“ sagt Aelian, „hat dieses Thal mit unvergleichlichen Reizen geschmückt; Epheu windet sich, gleich Weinreben, die hohen Bäume hinan, welche die Ufer des lieblichen Stromes beschatten, und bekleidet die schroffen Felsen. Lauben von Lorbeergebüschen, romantische Grotten und liebliche Hayne von Cypressen, Platanen, Pappeln und Eichen gewähren dem Wanderer zur Sommerszeit Schatten und Kühlung, und zahlreiche frische Quellen bieten ihm stärkendes Labsal, während die melodischen Stimmen der Vögel durch ihren Gesang ihn erfreuen. Auf dem sanft fließenden Strome schifft man im kühlen Schatten der überhängenden Zweige, umweht vom Weihrauchdufte, der rings von den Altären der Opfernden emporsteigt!“ – Die Altäre sind verschwunden; die Götter Homer’s bewohnen nicht mehr den vielgipflichen Olympos; der Schnee auf seinen Höhen, der sich sonst in den Palast des Zeus verwandelte vor dem umflorten Auge der Sterblichen und sie zu heiliger Begeisterung entflammte: er bleibt Schnee und der Wanderer, der ihm naht, friert; aber die Schönheiten der Natur im Thale an seinem Fuße sind Wahrheit. Darum gehören sie nicht ausschließlich einer Zeit und einem Glauben; sie erfreuen und entzücken in der Gegenwart noch, und Tempe, wenn auch von der verschönernden Idee entkleidet, bleibt für immer eins der lieblichsten Plätzchen der Erde.