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Streifzüge bei den Kriegführenden/9. Zwischen Schlachtfeldern

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Textdaten
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Autor: Paul d’Abrest
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Titel: Streifzüge bei den Kriegführenden - 9. Zwischen Schlachtfeldern
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aus: Die Gartenlaube, Heft 33, S. 561–562
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Streifzüge bei den Kriegführenden.
9. Zwischen Schlachtfeldern.
Auf dem Wege; bei den Brunnen. – Strandbatterien und Monitors bei Rustschuk. – Wieder in Sistowa. – Der Czar und die junge Bulgarin. – Großfürst Alexis. – Ein Besuch beim Gouverneur von Sistowa. – Don Carlos als Schlachtenbummler. – Plewna.

Schon in Rumänien zeigen die Landstraßen überall Merkmale des Krieges. Es herrscht da zwischen üppigen Korn-, Kukuruz- und Weizenfeldern, die sich heuer eines besondern Segens erfreuen, das regste Leben. Von Bukarest bis zur Donau erstreckt sich eine bandwurmartige, ununterbrochene Kette von Proviant- und Munitionskarren, die sich in dem langsamsten Tempo bewegen, von Ochsen und schwarzen Büffeln gezogen, geführt von walachischen Bauern, die wohl für eine rasche Kriegführung nicht das richtige Verständniß besitzen, denn sie mäßigen noch den sehr gelinden Eifer ihrer Thiere. Jede dieser Wagencolonnen, die manchmal aus sechszig, achtzig, hundert sehr primitiven Vehikeln besteht, bewegt sich unter dem Commando eines Aufsehers, des Herrn „Oberochs“, wie man ihn scherzweise nennt. Die Etappen dieser Wagencolonnen bezeichnen zahlreiche, längs des Weges verfaulende Rinder- und Pferdecadaver, die hier ganz ruhig verwesen, bis die Fliegen, die Raben und die Hunde das letzte Stück Fleisch von den Knochen gelöst haben.

Bei jeder Pferdetränke geht es eigenthümlich zu. Die Brunnen sind hier sehr tief in die Erde gegraben – oft viele, viele Klafter, der Kübel hängt hoch oben auf einem schräg gegen den Himmel sich aufrichtenden Holzbalken. Mittelst eines Ruckes an dem hintern Theile des Balkens wird der Kübel an seiner Kette herabgelassen, tief, tief, bis das Gewicht dem Knechte anzeigt, daß der Behälter mit Wasser gefüllt ist. Schwerfällig wird dann der Kübel in die Höhe gehoben – voller Sehnsucht warten Thiere und Menschen, bis derselbe mit der Flüssigkeit die Oberfläche erreicht hat. Namentlich wenn ein Trupp auf dem Marsche begriffener Soldaten bei einem solchen Ziehbrunnen – deren es überall auf freiem Felde giebt – angekommen ist, wird dem schlammigen schmutzig aussehenden Wasser mit solcher Begierde zugesprochen, daß mehrere Brunnen zur Verzweiflung der Bauern bereits ausgetrocknet sind. Selbst wenn ein Transport Verwundeter zu einem solchen Brunnen gelangt, giebt es ein Stoßen und Drängen um den Kübel. Wer nicht absolut auf das Strohlager gefesselt ist, springt vom Wagen und sucht sich vor dem Cameraden den Kessel zu füllen oder den Mund an den Rand des Kübels zu bringen. Ja, bei der Hitze und bei diesem Staube ist das schlammige Brunnenwasser für den vertrockneten Gaumen ebenso kostbar als der beste Wein.

Der Tag begann zu grauen, als unser Fuhrwerk die Anhöhe von Fratesti gegenüber von Rustschuk erreichte. In einem prachtvollen Parke zwischen hohen Eichen lagerten die Soldaten alle in tiefem Schlafe. Der Park ist trotz der Kriegszeit in vortrefflichem Zustande, und man könnte glauben, wenn man durch die bekiesten Wege wandert, daß die Herrschaft sich nur des Sommeraufenthalts erfreue, während in der That ein ganzes Regiment sich hier in Villeggiatur befindet. Oben im Herrenhause wohnt der Commandant mit seinen Officieren, dicht daran hat ein speculativer Grieche eine Gartenrestauration errichtet, die sich in vollster Blüthe befand, denn dieselbe war um vier in der Frühe entweder schon oder noch geöffnet. Der Aufwärter war gerade daran, mir seine Lebensgeschichte zu erzählen, als es ein-, zwei-, dreimal dumpf durch den Morgenwind knallte! Gleichzeitig sah man unten im Thale kleine Rauchwolken aufsteigen. Das Gefecht war ein Artillerie-Solo. Das Zielobject waren mehrere im Hafen von Rustschuk ankernde Schiffe, Monitors und kleine Kutter, die sich dem Anscheine nach anschickten, die Anker zu lichten, wenigstens sah man über jedes Fahrzeug einen gelinden Dampfqualm aufsteigen. Je dichter der Qualm wurde, je rascher folgten die Schüsse auf einander, und man wurde gewahr, daß die erwähnten Schiffe das einzige Zielobject der Batterien waren. Um jedoch in Sistowa anzulangen, ohne die Hitze zu spüren, machte ich mich wieder auf den Weg, ehe das Artilleriegefecht sein Ende erreicht hatte. Als ich mich ungefähr eine halbe Stunde später an der Krümmung des Weges, wo man die Donau aus dem Auge verliert, umdrehte, sah ich zwei sehr starke Rauchwolken längs des türkischen Ufers aufsteigen. Später erfuhr ich, daß diese von dem Brande zweier türkischer Kutter herrührten, die von den Kugeln von Slobosia getroffen waren. Dadurch wurde eine gegen die Brücke von Simnitza-Sistowa gerichtete Expedition vereitelt.

Um Mittag erreichten wir das in ein Staubmeer gehüllte Simnitza, das Eldorado der Fliegen, die hier myriadenweise herumschwärmen und Niemanden in Ruhe lassen. Ohne Aufenthalt ging es über die Brücke. Die Brücke von Simnitza, gegenwärtig der einzige Communicationsweg zwischen Rumänien und Bulgarien, ist von so primitiver Bauart, daß zwei Wagen nicht gleichzeitig hinüber und herüber können, die Passanten, d. h. Militärs oder außerordentliche befugte Civils müssen daher „Queue“ machen, wie beim Theater, und abwarten, bis die Reihe an sie kommt. Es bedarf manchmal zwei Stunden, ja noch mehr, ehe die Passage frei ist. Fahnen von verschiedenen Farben, die am entgegengesetzten Ende der Brücke aufgehißt werden, geben das Zeichen zum Weitermarsch, aber noch ist die Probe nicht bestanden. Die zwei- bis dreihundert Wagen, welche soeben die schwankenden Bretter passirt haben, ließen Spuren ihres Vorüberfahrens zurück, aufgerissene Balken, klaffende Holzlücken. Jetzt müssen die Zimmerleute an die Arbeit und den Schaden gut machen. Der Militär von Fach kann die nachlässige Bauart dieser Brücke nicht hart genug verurtheilen, und alle Ausreden über die Schwierigkeiten der Ueberbrückung eines solchen Stromes wie die Donau, über den Mangel an Material etc. zeigen nur Eines, daß den Russen doch nicht all die Hülfsmittel der heutigen perfectionirten Kriegführung zur Verfügung stehen. Die nämliche Ceremonie wiederholte sich bei der zweiten über den eigentlichen Donauarm führenden Brücke, so daß eine Straße, die bequem in fünfundzwanzig Minuten durchgangen oder durchritten werden könnte, einen Zeitaufwand von nicht weniger als drei Stunden erforderte. Am Ufer, in dem gastlichen Hause des Donau-Dampfschifffahrts-Agenten Herrn Stancef, stieg Kaiser Alexander kurz nach der Besetzung von Sistowa ab. Der Czar schien an der Unterhaltung mit dem schlichten Bürgersmann viel Wohlgefallen zu finden. Als einige Tage später der Kaiser nach Sistowa zurückkehrte, erfreute er seinen Gastgeber mit der Mittheilung, daß er ihm eine Auszeichnung bestimmt habe, und wirklich erschien Tags darauf ein Adjutant, welcher Herrn Stancef eine große schwere Medaille am roth-weißen Bande (etwa vom Umfang eines silbernen Fünfmarkstückes) überreichte. Diesem Ehrenzeichen war eine zarte Aufmerksamkeit beigefügt, eine Brosche mit Ohrgehängen für die achtzehnjährige Tochter des Hauses, die während der Anwesenheit des Czars die Honneurs gemacht hatte. Ich sah das Geschmeide, welches dem Fräulein vortrefflich stand: eine weiße Perle mit Diamanten besetzt. Was doch ein Kaiser, der in den Krieg zieht, alles in seinen Koffern mitnehmen muß!

Herr Stancef, der als erster bulgarischer Bürger den Kaiser auf heimathlichem Boden begrüßte, war es auch, der dem letzten Kaïmakam von Sistowa in unfreiwilliger Weise zur Flucht verhalf. Das Gespann des Donau-Dampfschifffahrts-Agenten war weit und breit als das vorzüglichste in der ganzen Umgegend bekannt. Außerdem konnten die ungarischen Braunen nicht sehr strapazirt sein, denn die Furcht vor den in der nächsten Gegend um die Stadt hausenden Räubern benahm seit lange jede Lust an Ausflügen.

Da erschien am Morgen des verhängnißvollen 27. Juni ein Kawaß des Kaïmakam (Gouverneur) von Sistow in der Agentur und ersuchte mit aller Höflichkeit Herrn Stancef, seine Pferde und seinen Wagen dem erwähnten Gouverneur, Beschir-Bey, „auf eine halbe Stunde zu leihen“. Ich zweifle, daß Herr Stancef besondere Lust hatte, diesem Wunsche zu willfahren, aber ein Blick auf die Straße zeigte ihm zwei bewaffnete Zaptiés, welche dem so höflich vorgebrachten Desideratum eine nachdrückliche Sanction zu geben bestimmt waren. Herr Stancef fügte sich in's Unvermeidliche. In seiner Kutsche mit seinen Pferden kutschirte der letzte Kaïmakam von Sistowa über alle Berge. Bis zur Stunde sah man „Roß und Wagen nicht wieder“, ebenso wenig den Diener, den Herr Stancef beauftragt hatte, über das Gespann zu wachen. Dieser Beschir-Bey hatte überhaupt das Talent, sich besonders verhaßt zu machen (er ist ein Arnaute, und als solcher gehört er zu den allerfanatischsten Feinden der Giaurs), die ihm untergebenen Christen zu schinden und, so oft sie seinen Schutz gegen die Gewaltthaten der Muselmänner anriefen, mit Hohn von sich zu weisen. Man erzählte mir mehrere Geschichten, durch welche die Wuth der Bulgaren, die sich in der Plünderung und Verheerung des türkischen Viertels kund that, nicht gerechtfertigt, aber wohl erklärt wird.

In den Appartements, wo sich der Kaiser eine kurze Zeit aufhielt, wohnt jetzt der dritte Sohn des Kaisers Alexander, der schmucke Großfürst Alexis. Derselbe hat das Commando über die Donauflotille, die indessen bisjetzt nur aus sehr winzigen Fahrzeugen bestand. Seit man jedoch in Nikopolis zwei Monitors erbeutet, lebt Großfürst Alexis wieder auf. Er kann es nicht erwarten, als Commandant wirklicher Kriegsschiffe aufzutreten. Er fuhr bereits auf einem Kutter nach Nikopolis, um daselbst die erbeuteten Schiffe zu besichtigen und die nöthigen Reparaturen anzuordnen.

Als bulgarischer Patriot ist Herr Stancef mit den Mitgliedern der neu eingesetzten autonomen Regierung stark befreundet. Ich nahm mit großer Genugthuung seine Offerte an, mich verschiedenen der neuesten Volksbeglücker zu präsentiren. Vor Allem dem Vive-Gouverneur der Stadt, Herrn Zarkoff. Dieser war mir dem Namen nach nicht unbekannt, und die geehrten Leser, welche die orientalische Frage kennen, werden sich vielleicht erinnern, daß Herr Zarkoff vor etwa einem Jahre in Gesellschaft eines andern Bulgaren, des Herrn Balabanoff, eine Rundreise durch die europäischen Hauptstädte unternahm, um bei der Diplomatie und bei der Presse so viel Sympathien als möglich für die unterdrückten Stammesgenossen einzuheimsen. Ich weiß nicht, in wiefern die Reise des Herrn Zarkoff von Erfolg begleitet wurde, aber ich erinnere mich, daß er mit seinen Genossen in eine herbe, sehr persönliche Polemik verwickelt wurde. Heute ist er wohlbestallter Gouverneur von Sistowa und ertheilt Audienzen in dem nämlichen Zimmer, wo noch vor wenigen Wochen der Kaïmakam Beschir-Bey nach seiner Weise Gerechtigkeit übte.

Der „Konak“, das Regierungsgebäude von Sistowa, liegt hoch oben auf der Spitze des Hügels, an welchem die Stadt aufsteigt. Es ist ein sehr einfaches Haus von europäischer Bauart, mit einem großen gepflasterten Vorhof, wo es indessen bunt genug aussieht. Im Vorsaale desselben traf ich mehrere breitschulterige Bauernkerle im Kittel, welche um den Arm eine weiße Schärpe mit einem grünen Kreuz trugen. Es waren dies die neuen bulgarischen Gensd’armen, welchen es nur an Ausrüstung und Waffen fehlte. Einer dieser Landjäger in partibus nahm mir meine Karte ab und führte mich in den „Salon“ des Gouverneurs. Ein höchst einfacher „Salon“. Vermuthlich mag der muselmännische Kaïmakam die kostbare Einrichtung in Sicherheit gebracht haben, denn sein christlicher Nachfolger muß sich mit einem großen Tisch, zwei schäbig aussehenden Divans und drei Stühlen begnügen. Im „Salon“ befanden sich außer dem Gouverneur ein katholisch-bulgarischer Priester im Talar mit wallendem Haare, der mich mit demonstrativer Freundlichkeit begrüßte, und zwei Bauern, die sich offenbar noch unter [562] türkischem Regimente glaubten: sie hatten, ehe sie die amtliche Stube betraten, die Stiefel ausgezogen. Der Gouverneur, ein kräftig aussehender Mann von fünfzig Jahren mit intelligenten Gesichtszügen, trug die Kleidung, wie sie jetzt dem Civilisten am besten steht, der einen Theil des Kriegerlebens mitmachen muß, hohe Reitstiefel, eine Zwilchhose und ein leichtes Röckchen. Er gab mir mit der größten Bereitwilligkeit alle Aufschlüsse über das eingeführte bulgarische Selfgovernment. Vorläufig, sagte er mir, habe man einfach die türkische Ordnung beibehalten, nur an die Stelle der muselmännischen Beamten christliche gesetzt, für die höheren Stellen meistens solche Bulgaren, die in Rußland erzogen wurden und selbst im Staatsdienste des Czaren ergrauten.

Ich wagte die höchst delicate Frage, wem das türkische Viertel in Sistowa eigentlich den trostlosen Zustand verdanke, in dem es sich befindet. Herr Zarkoff antwortete mit großem Freimuthe, daß von bulgarischem und walachischem Gesindel die Plünderung begonnen und von russischen Soldaten vollendet worden sei.

„Die eigentliche Schuld liegt an den türkischen Behörden,“ bemerkte Herr Zarkoff, „hätten sie uns benachrichtigt, daß sie die Stadt mit der muselmännischen Bevölkerung verlassen, so hätten die ordentlichen Bürger von Sistowa für Aufrechterhaltung der Ordnung und Wahrung des Eigenthums gesorgt.“

Das war recht schön gesprochen, und möglicherweise hätten die guten Absichten der „ordentlichen Bürger von Sistowa“ ausgereicht gegen das bulgarische und walachische Gesindel – aber gegen den kühnen Griff der Kosaken? Ja, der alte Napoleon hatte Recht: „C’est la guerre!“ Der Krieg bringt immer das Schlimmste mit – auch wenn er „für Christenthum und Humanität“ geführt wird.

Nach dem Besuch beim Gouverneur stattete ich einer „französischen Restauration“, die sich seit dem Donauübergang in Sistowa etablirt hatte, meine Visite ab. Der Herr des Hauses wendete seine ganze Aufmerksamkeit einem noch ziemlich jungen Manne zu, mit blondem Bart, der an einem kleinen Brettertische in Gesellschaft von zwei Herren saß, von welchen man den einen sofort als französischen Adeligen von echtem Schrot erkannte. Die drei Gäste hatten die Hitze des Tages mit Sect recht ausgiebig bekämpft, wenn man nach den auf dem Grase kollernden Flaschen mit silbernem Halse urtheilen darf. Und wieder brachte der Wirth eine neue Auflage der Cliquot’schen Werke, die er mit einer tiefen Verbeugung dem jungen Manne mit blondem Barte präsentirte. „Votre Altesse veut-elle que je verse?“ frug der Wirth devot, und als er nach vollbrachter Credenzarbeit an mir vorüber huschte, raunte er mir „C’est Don Carlos“ in’s Ohr. Und richtig! Es war der Prätendent mit seinem Adjutanten, dem Marquis de Montserrat, und noch irgend einem Champagner vertilgenden Spanier ohne Bedeutung. Der ehemalige Brodherr des braven Pfarrers von Santa Cruz bummelt in der That auf den Schlachtfeldern, wie sich’s der gewissenhafteste und eifrigste Kriegsreporter nicht besser wünschen könnte. Er macht seine Touren auf einem prachtvollen arabischen Hengste, den er bei seiner Ausweisung aus Paris mitgenommen hat. Sein Gepäck folgt ihm in einem großen Wagen. Wie es heißt, will Don Carlos nun nach Plewna, wo es blutig hergeht. Und in der That, während wir uns in dem Garten des Franzosen gütlich thun, sehen wir durch die geöffnete Thür den langen, langen Zug der Verwundetenwagen, die sich nach der Richtung des Spitals, welches sich in der türkischen Stadt befindet, bewegen, all die unglücklichen Kosaken von jenem Plewna, wo, wie ein dumpfes Gerücht geht, die russischen Waffen schwere Demüthigung erfahren haben sollen. Aus den Karren ertönt leises Wimmern, mit Mühe unterdrücktes Stöhnen und Geächze. Ein junger Mann mit feinen Gesichtszügen und sympathischem Aussehen gesellt sich zu uns; es ist der Hauptdelegirte der Gesellschaft des rothen Kreuzes, welche in Sistowa ein bedeutendes Depot errichtet hat. Der junge Mann ist außer sich. Man hat ihn gar nicht verständigt, daß eine Schlacht bevorstehe, und jetzt verlangt man plötzlich Hülfe für Tausende von wackeren Leuten, die nun wegen Mangel an Fürsorge seitens ihrer Chefs hülf- und trostlos an ihren Wunden verbluten müssen. Ja, „Christenthum und Humanität“ sind schöne Worte, aber sie verpflichten nicht einmal dazu, gegen die eigenen Leute christlich und human vorzugehen.

Paul d’Abrest.