Ständchen aus luftiger Höhe
[227] Ständchen aus luftiger Höhe. (Zu dem Bilde S. 221.) Seit acht Tagen liegt die „Anne Marie“ fest vertaut in dem Hamburger Segelschiffhafen. Die Ladung, Felle und Hörner, die sie vom La Plata geholt hat, ist gelöscht und friedliche Ruhe herrscht auf dem Schiffe. Heute aber feiert die Besatzung einen besondern Festtag. Von Rendsburg ist die Frau des Kapitäns herübergekommen und wohnt, so gut oder so schlecht es eben in den engen Kajütenräumen geht, mit ihrem Mann an Bord. Außer dem wieder vereinten Paar giebt es aber auf dem Schiffe noch einen überglücklichen Menschen. Das ist Fritz, der Decksjunge. Er hat seine erste Reise hinter sich, und daß er seine Lehrzeit zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten abgedient hat, ist ihm soeben klar geworden. Hat ihm doch der Kapitän heute versprochen, daß er ihn mit doppelter Gage als Leichtmatrosen wieder mitnehmen will. In dem Freudentaumel, der ihn erfaßt hat, will der Junge sich dankbar erweisen. Nach der Arbeitszeit klettert er flink in den Großtop, seine Ziehharmonika in der Hand, und bringt aus luftiger Höhe der Frau Kapitän ein Ständchen. So sitzt er und musiziert dort oben, ein echtes Bild froher Matrosenlust, bis die Stunde eintritt, von welcher an auf Grund der Hafenordnung „keine ruhestörende Musik“ ausgeübt werden darf.