Spanische Tänzerin (Die Gartenlaube 1884/4)
[72] Spanische Tänzerin. (Illustration S. 57.) Da ruht es vom reizenden Spiel seiner Kunst, das schöne Kind der hesperischen Berge, das der römische Herrscherstolz, welcher mit aller eroberten und unterjochten Länder Glanz und Zier seine Prunkfeste zu schmücken liebte, in das ferne Italien geführt. Es ist glücklich auch in fremdem Lande, denn das feurige Blut des Südens bewahrt das junge Herz vor dem schweren Gefühl des Heimwehs, des unvergänglichen Erbtheils aller Kinder der nordischen Berge. So hat es uns der Künstler dargestellt, der gern in den Ländern der wärmeren Sonne die Gestalten für seine Bilder sucht.
Nathanael Sichel ist am 8. Januar 1844 in Mainz geboren und, nachdem er sich anfangs der Lithographie gewidmet, auf der Berliner Akademie unter Julius Schrader zum tüchtigen Historien- und Portraitmaler ausgebildet worden. Er wagte sich frühzeitig an größere Aufgaben. Kaum zwanzig Jahre alt vollendete er sein Gemälde „Philipp der Großmüthige an der Gruft seiner Gemahlin“, das die großherzogliche Gallerie in Darmstadt besitzt. Für sein Bild „Joseph, die Träume Pharao’s deutend“ erhielt er den Preis, der ihm die Fortsetzung seiner Studien in Rom ermöglichte. Hier malte er „Die Verhaftung des Don Carlos durch Philipp II.“ und eine Scene aus dem Leben der „Maria Stuart“. Nach längerem Aufenthalte in Paris und verschiedenen deutschen Städten, die er hauptsächlich als Bildnißmaler bereiste, vollendete er 1876 in „Francesca von Rimini“ eines seiner besten Bilder und ließ sich in jüngster Zeit in Berlin nieder.