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Sicherheitszünder-Fabrik von Bickford u. Co. in Meißen

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Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Sicherheitszünder-Fabrik von Bickford u. Co. in Meißen
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 113–116
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Sicherheitszünder-Fabrik v. Bickford u. Co. in Meissen.

[113]
Sicherheitszünder-Fabrik von Bickford u. Co. in Meißen.


Jeder, der nur Etwas von dem Sprengen versteht, oder nur Kenntniß von der furchtbaren Kraft hat, welche das Schießpulver bei seiner Entzündung entwickelt, weiß auch welche Gefahren mit diesen Arbeiten verbunden sind; wie häufig kommen da nicht die schrecklichsten Unglücksfälle vor, wo die Betroffenen oft noch glücklich zu nennen sind, wenn schneller Tod sie ereilte und sie nicht erst unter furchtbaren Qualen, nach langem Schmerzenslager ihren Geist aushauchen, oder sie gar bei gräßlich verstümmeltem Körper ein langes, elendes, freudloses Leben hinschleppen müssen. Das geringste Versehen kann schon unzeitige Entladung der Sprengmasse zur Folge haben, welche dann Tod und Verderben verbreitet, und nicht eben selten sind, ungeachtet der Anwendung aller Vorsicht, durch Hinzutreten irgend eines unvorhergesehenen Umstandes, noch die traurigsten Folgen möglich.

Als ein wahres Verdienst um die Menschheit mußte es daher betrachtet werden, wenn es gelang, ein Mittel zu finden, durch welches diese Unglücksfälle unmöglich gemacht wurden und unsägliches Elend verhindert wurde, ein Mittel, welches den Arbeitern die Gewißheit gab, daß sie ihre gefahrvolle Beschäftigung ohne die Befürchtung vornehmen konnten, im nächsten Augenblick vielleicht schon zerschmettert zu werden. Viele tüchtige Männer stellten sich die Erfindung eines solchen Mittels zur Aufgabe, aber keinem gelang es, etwas vollkommen seinem Zweck Entsprechendes herzustellen und die Unglücksfälle dauerten fort.

In Cornwall, dem Lande der Bergwerke, in dem Städtchen Camborne lebte in dem ersten Drittel unsers Jahrhunderts ein bemittelter Bürger und Weißgerber, Namens Mr. William Bickford, der schmerzlich berührt durch die Menge von Unglücksfällen, die in Folge unzeitiger Entladungen bei den Sprengarbeiten in den zahlreichen Bergwerken seiner Umgebung fast täglich vorkamen, und wo er oft genug Gelegenheit hatte, solche verstümmelte Opfer ihres Berufs zu sehen, sich ernstlich mit der Idee beschäftigte, es müsse doch möglich sein, Etwas herzustellen, was die Sprengarbeiten, wo nicht gänzlich gefahrlos, so doch sicherer machte, als bisher. Von nun an wurde die Erfindung dieses Etwas seine Lebensaufgabe, und er opferte nach und nach sein ganzes Vermögen. Die Folge davon war, daß man den Mann [114] als einen Narren betrachtete, der einem Hirngespinnst zu Liebe sich ruinirte, es gab wohl nur Wenige, die seinen wahren Werth erkannten. William Bickford theilte so das Loos manches anderen Erfinders vor ihm und nach ihm.

Mr. Bickford ließ sich indeß durch keinen Einwand abschrecken und es gelang ihm endlich, Zünder für Sprengarbeiten herzustellen, die zwar noch sehr unvollkommen waren, aber doch schon mehr Sicherheit gewährten, als das gewöhnliche Verfahren mit der Zündnadel. Er wollte nun die Anfertigung der Zünder in größerem Umfange betreiben, wurde aber von seinen Verwandten und Freunden nur verhöhnt und mit Vorwürfen überhäuft, daß er sein Vermögen verschwendete, dafür nichts besseres erfunden, und wie er so schwach sein und glauben könne, er werde mit seiner Erfindung jemals ein Geschäft machen und auch nur den kleinsten Theil seines dafür geopferten Geldes herausziehen können. – Unbeirrt von Allem fuhr Mr. Bickford in seinen Arbeiten fort, es sich jetzt zur Aufgabe machend, seine Erfindung zu vervollkommnen und im Jahre 1825 konnte er sich fröhlichen Herzens sagen, er habe sein Ziel erreicht. Die von ihm jetzt hergestellten Zünder, welchen er den Namen „Sicherheitszünder“ beilegte, entsprachen allen billigen Anforderungen.

Die ersten Zünder wurden zuerst in den königlichen Minen angewendet und nachdem man ihre Trefflichkeit erprobt, von dort aus für die segensreichste und nützlichste Erfindung des neunzehnten Jahrhunderts anerkannt, womit gewiß Jeder übereinstimmen wird, der bedenkt, daß durch diese Erfindung Tausenden das Leben erhalten ist und Tausende vor schrecklichen Verstümmelungen bewahrt wurden.

In Camborne entstand nun die erste Fabrik für Sicherheitszünder, welche anfangs nur kleine Quantitäten anfertigte, allein bei dem Bekanntwerden der Erfindung in weiteren Kreisen wuchs dieses Etablissement rasch zu bedeutendem Umfange, und Mr. Bickford hatte die Freude, daß seine Sicherheitszünder in ganz England angewendet wurden und ihre Vortrefflichkeit auch auf dem Festlande und in fernen Welttheilen Anerkennung fand.

Mr. Bickford fiel ein glücklicheres Loos als manchem anderen Erfinder, denn seine Erfindung wurde für ihn selbst, wie für seine Nachkommen eine Quelle des Reichthums. Allgemein geachtet starb er im Jahre 1833 in Camborne, und ihm folgte der unbestrittene Ruhm, ein Wohlthäter der Menschheit gewesen zu sein.

Die Sicherheitszünder haben die ausgedehnteste Verbreitung gefunden; in England wird jetzt Alles mit ihnen gesprengt, ebenso sind sie in Nord-Amerika, Frankreich, Belgien, Schweden u.s.w. in fast allgemeiner Anwendung. Sehr ist zu bedauern, daß man dieses nicht auch von Deutschland sagen kann, doch steht zu hoffen, daß auch hier diese wahrhaft nützliche Erfindung sich endlich allgemeinen Eingang verschaffen wird.

Die Firma Bickford u. Co. besitzt gegenwärtig Fabriken von Sicherheitszündern in:

Camborne in Cornwall in England,
Hartford in Connecticut in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika,
Charleroi in Belgien,
Rouen in Frankreich,
Stockholm in Schweden und
Meißen in Sachsen.

Letztere Fabrik wurde im Jahre 1844 gegründet; sie befindet sich in dem Triebischthal bei Meißen, in der Nähe der neuen königlichen Porzellanfabrik und der Gasanstalt.

Das Etablissement besteht aus zwei großen Gebäuden, in welchen die Fabrikation der Sicherheitszünder und wasserdichten Patronen für Wassersprengungen betrieben wird. Die Arbeitsräume dieses Etablissements werden durch zwei große Wasserheizungsapparate geheizt, da für ein solches Etablissement, wo viel Pulver in Anwendung kommt, diese Heizungsmethode die sicherste ist, da bekanntlich Pulver nie [115] durch Wasser, selbst, wenn es auf dem höchsten Grade der Hitze steht, Feuer fangen kann, was bei Dampfheizung nicht behauptet werden darf.

Die Sicherheitszünder werden je nach dem bestimmten Zweck verschieden angefertigt, z. B. für Sprengungen in trockenen Gegenden und dann für Sprengungen in mehr oder weniger nassem Gestein, bis zu Sprengungen unter Wasser, z. B. in Flußbetten, Häfen u.s.w. Ferner werden wasserdichte Patronen in jeder beliebigen Größe geliefert.

Als die berühmtesten und gangbarsten Erzeugnisse können bezeichnet werden:

gewöhnliche fünfzehnellige Zünder und für Sprengungen in trockener Gegend,
weiße oder Grubenzünder
einfache und doppelte Wasserzünder für nasse Gegenden und
Gutta-Percha-Wasserzünder für Sprengungen in tiefem Wasser.

Die Erzeugnisse der Bickfordschen Etablissements befanden sich auf den Weltausstellungen in London und Paris und erhielten

in London, 1851, die Prämie erster Klasse;
in Paris, 1855, die Prämie zweiter Klasse.

Dieses Etablissement hat diverse Maschinen und da die Erfindung der Zünder aus England stammt, haben sämmtliche Maschinen durchgehend ihre ursprünglichen englischen Namen behalten. Es sind:

15 Spinning machines,
8 Countering machines,
2 double countering machines,
2 taping machines,
14 Spooling machines mit 600 Spools,
2 varnishing apparatees,
1 Gutta-Percha apparatees.

Sämmtliche Maschinen werden durch Menschenhände in Gang gesetzt.

Beschäftigung finden hier fortwährend ein Correspondent, ein Buchhalter, ein Reisender und vierzig bis fünfzig Fabrikarbeiter.

Der Absatz der Sicherheitszünder erstreckt sich nach allen Gegenden Europas, wo Bergwerke vorhanden sind, auch werden sie vorzüglich bei Durchbrechung von Felsen, bei Tunnels u.s.w. gebraucht.

Der Sicherheitszünder leitet das Feuer stets sicher und gewiß in die Ladung, und erspart viele Arbeit. Er ist von Flachs fabricirt, hat in seiner Mitte einen Faden von feinem Schießpulver und sieht von außen einer stark getheerten Leine ähnlich. Bei seiner richtigen Anwendung sind Unglücksfälle, welche durch unzeitige Entladung der Sprengarbeiten entstehen, ganz unmöglich, daß diese sonst so gefährliche Arbeit so sicher wird, wie die des Landwirths und jede andere. Die Nadel mit allen ihren gefährlichen Anhängseln von Schilf, Stroh, Zündpulver, Zündpapier u.s.w. kommt gänzlich in Wegfall. Er brennt so langsam und zu einer bestimmten Zeit – achtzehn Zoll in der Minute, wenn er eingesetzt ist – daß der Arbeiter leicht die Zeit bis zur Entladung berechnen und sich daher mit weniger Mühe und sicher aus der Gefahr ziehen kann.

Auch gestattet der Zünder, daß man den Besatz ganz fest machen kann, und da er nur eine Oeffnung von der Größe einer Stricknadel läßt, so fügt er besonders dadurch viel zur Kraft der Entladung bei, während bei dem Gebrauch der Nadel ein großer Theil der Kraft durch das umfangreiche Nadelloch verloren geht. So kann ein Viertel des Pulvers, welches nach der alten Methode gebraucht wird, bei Anwendung des Zünders erspart werden und diese Ersparniß deckt vollkommen den Mehraufwand für den Zünder, ganz abgesehen von den übrigen Vortheilen, welche er bietet. Da der Zünder bei richtiger Anwendung die Ladung fast in der Mitte entzündet, so trägt er auch so dadurch viel zur Kraft der Entladung bei.

[116] Mit derselben Bestimmtheit wie in trockenen Gegenden brennt der Zünder auch unter dem Wasser fort, weshalb er für Sprengungen unter dem Wasser, wie z. B. auf Flußbetten, vom größten Nutzen ist.

Die Zünder werden in Längen von fünfzehn, zwanzig bis dreißig Ellen und in verschiedenen Stärken, geeignet für die verschiedenen Sprengarbeiten, verkauft.