Sickingen hatte einen Zug zu thun gegen den Herzog von Lothringen, Erzbischof von Trier, Kurfürst von der Pfalz, Landgraf von Hessen. Ein Ritter gegen die Fürsten des ganzen Rheins. Er war alt, mit Gicht behaftet, konnte nicht mehr aufs Pferd, mußte in einem Seßel getragen werden, und da rotteten sich gegen den alten Löwen ein Haufe andrer Thiere. Höre man ihn selbst, wie er redet:
„Mein lieben Brüder und Nachbarn, warum kommt ihr wider mich zu fechten und streiten? Nun bin ich doch mit euch dran. Ich begehr euch zu erlösen von dem schweren entchristlichen Joch und Gesetz der Pfafheit, und zu evangelischen lichten Gesetzen und Christlicher Freyheit zu bringen. So wollt ihr das nicht leiden, thut, als der den fallenden Siechtag hat, will nicht, daß man ihm helf, daß er nicht verderbe. Denket, daß ihr wider Christum und sein Evangelium streitet und nicht wider mich. Um des
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/376&oldid=- (Version vom 1.8.2018)