diesen das warme herzblut aus. hat der werwolf sich gesättigt, so steigt er wieder in sein grab zurück. die leichname der getödteten findet man anderen tages frühe in den betten durch einen biß an der brustwarze getödtet. so war vor noch nicht langer zeit im dorfe Grabon unfern Danzig ein allgemeines sterben und namentlich jungfrauen in der ersten zeit ihrer blüthe fielen dem tode anheim. die leichname zeigten sämmtlich die kleine bißwunde am herzen. die ältesten des dorfes beriethen und kamen zu dem entschluß alle gräber und särge auf dem kirchhofe nach dem werwolf zu durchforschen. sämmtliche leichname erwiesen sich als verwest, bis man an ein grab kam, dessen hügel frisch aufgeschüttet schien. man fand darin den leichnam eines vor jahresfrist verstorbenen frisch und wohlbehalten liegen. nur an armen und beinen waren stücke fleisch ausgerissen und an den lippen klebte frisches blut. einer der anwesenden stach mit einem spaten den kopf ab. sogleich zerfiel der leichnam in asche und ein dumpfes stöhnen erscholl in der gruft.‘ man sieht die verschmelzung beider sagenkreise ist hier eine ganz äußerliche.
Aehnlicher glaube vom vampyr, wie bei den Kassuben, ist nun bei allen übrigen Slaven verbreitet. bei den Kleinrussen heißt der vampyr mjertovjec. im leben waren diese wesen zauberer, werwölfe, oder menschen, die von dem geistlichen oder ihren ältern verflucht sind. die mitternacht ist die zeit ihrer thätigkeit. sie gehen oder reiten dann auf pferden umher, machen lärm und geklapper mit ihren knochen und erschrecken die menschen. mit dem dritten hahnkrat verschwinden sie. streut man beim schlafengehen salz auf die erde und findet morgens fußspuren darin. so ist dies ein zeichen, daß der todtengänger (mjertovjec) ins haus kommt. man öffnet nun das grab und schlägt dem leichnam, der stets auf dem gesicht liegt, einen pfahl von eschenholz durch den rumpf. das verfluchte blut spritzt hoch auf und auf der seite, wohin es sich ergießt, sterben sämmtliche menschen. das grab wird wieder zugemacht, und der pope spricht seinen segen darüber. man beschüttet den weg vom grabe bis zum hause wohin der todtengänger
Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1859, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_IV.djvu/268&oldid=- (Version vom 1.8.2018)