zu haben. Denn sie erwähnte niemals ihre Zukunftspläne.
Käthe hatte jedoch das Gefühl, so könne es nicht länger bleiben und der Boden nur ein vorübergehender Zufluchtsort für ein junges, gesundes Mädchen sein. Gleichwohl sagte sie der Freudin nichts davon, aus Besorgnis, sie zu verletzen und wieder jenen Strom von Schmähungen von Rosas Lippen herbeizuführen.
Nach wie vor brachte sie ihr also das Essen, welches sie sich nicht ohne große Überwindung vom Munde absparen mußte. Denn mit ihr war abermals eine große Veränderung vorgegangen. Die seit dem Herbste sie quälende Hinfälligkeit hatte fast ganz aufgehört und dafür sich ein förmlicher Heißhunger eingestellt, der fast schmerzhaft war, wenn sie ihn nicht befriedigen konnte.
Immer bleicher wurde sie vor Hunger und wankte in ihrer Küche herum wie ein Haustier, dem man nicht ausreichendes Futter reicht. Alle Knochen nagte sie ab, kaute harte Brotrinden und Kartoffelschalen und kaufte für ihre „Marktgroschen“ sich Semmeln und Rauchfleisch, Heringe und Gurken, aber alles vergebens, als berge sie in sich ein Tier, welches alles verschlang und immer noch mehr verlangte.
Trotzdem verfiel ihr Gesicht und die Haut am Halse dehnte sich so aus, daß fast alle Adern darunter zu sehen waren.
Als Johann diese Veränderung bemerkte, sagte er
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/322&oldid=- (Version vom 1.8.2018)