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Seite:Zapolska Käthe.djvu/288

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„Ich habe mit dir zu reden“, sagte sie endlich mit vor Frösteln und innerer Aufregung zitternder Stimme. „Könnten wir nicht in deine Küche gehen?“

Dabei sah sie immer ängstlich nach der Haustür, als fürchte sie irgend eine Verfolgung, vielleicht von derselben Hand, deren Finger ihr die gelbliche Haut am Halse zerkratzt.

Als Käthe schwieg, weil der Herr nicht erlaubte, daß irgend jemand sie in der Küche besuche, blickte Rosa sie flehend an und zitterte dabei vor Frost in ihrem dünnen Jäckchen.

Ihr Rock war unten ganz durchnäßt und auf beiden Seiten mit Straßenschmutz befleckt. Vorn zerfetzt, entblößte er die zerrissenen Schuhe, die mit Bindfaden zugebunden und viel zu kurz waren, um die nackten vom Frost geröteten Füße zu bedecken.

Tiefes Mitleid empfand Käthe mit der Freundin. Wußte sie doch selbst, was frieren heißt. Denn obgleich etwas wärmer gekleidet, zitterte auch sie vor Frost. Schnell entschlossen ergriff sie Rosas Hand und erwiderte: „Komm! Gehen wir hinauf!“

Plötzlich schlüpfte aus einem dunklen Winkel des Hausflurs eine Männergestalt: Johann, der während der Begrüßung der beiden Freundinnen sich zurückgezogen, aus seinem Winkel aber Rosa scharf beobachtet hatte.

Obgleich sie ihm wie eine zerlumpte Landstreicherin erschien, erriet er mit tierischem Instinkt dennoch in ihr das leidenschaftliche Weib voller unersättlicher Begierden.

Empfohlene Zitierweise:
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/288&oldid=- (Version vom 1.8.2018)