die sie nicht mehr zurückzuweisen berechtigt war, die vielmehr, wie sie fühlte, ihr zukam.
Seit ihrem Falle gebührten ihr all jene Schimpfworte, die früher ihr ganzes Wesen erschüttert hätten und gegen die sich zu wehren sie jetzt weder das Recht noch die Kraft mehr besaß.
Wäre weniger Treu und Redlichkeit in ihrer Seele gewesen, hätte sie dreist alle rohen Verdächtigungen ihrer Gegnerinnen bestreiten können.
Oft schon wollte sie sich umwenden mit dem lauten Rufe: „Das ist nicht wahr!“ Immer aber verließen sie die Kräfte und gesenkten Hauptes ging sie langsam vorüber und trug geduldig das verdiente Leid.
Jetzt fühlte sie sich totunglücklich und wagte nicht einmal, Johann zu sagen, welchen Verdruß ihr all die Spöttereien und Schmähungen bereiteten, die sie mit anhören mußte.
Vielleicht hätte er sie gar noch ausgelacht! Nein! Lieber wollte sie diese Demütigungen schweigend ertragen, zumal da sie dieselben selbst verschuldet.
Am meisten hatte sie von Mary auszustehen. Von Grund aus schon verderbt in der Atmosphäre ihrer Eintagsliebschaften, hatte dies Frauenzimmer nur zu bald den Fall ihrer Nebenbuhlerin gemerkt.
Also auch diese Dummstolze mußte dies schließlich erleben! Jetzt wird sie die Nase nicht mehr so hoch tragen und, wie ein Pfau sich aufblähend, vor anderen sich mit ihrer Ehrbarkeit brüsten. Jetzt ist sie nichts anderes, wie ich selbst, die Johann nur
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/281&oldid=- (Version vom 1.8.2018)