Als sie sich mit eigenen Augen zu überzeugen wünschte, zeigte er ihr das verknüllte Papierchen, auf dem sie wirklich mit vieler Mühe jene Poesie entzifferte: Wie sonderbar! Das war ja gerade wie auf sie gemünzt.
Johann aber raunte ihr allerhand kühne Vorschläge in das Ohr, die er mit den Worten begründete: „Da steht es ja gedruckt, Fräulein, Sie müssen die Meine werden!“
Noch immer nicht völlig überzeugt, ließ sich Käthe jetzt dennoch den Pfefferkuchen und die Pfeffermünzbonbons schmecken. Die Verse erschienen ihr zwar ganz gelungen, aber gab es denn auf der Welt nur einen Johann und eine Käthe?…
Allmählich erlangte sie den scheinbar augenblicklich verlorenen Gleichmut wieder und verbarg auf diese Weise ihre Verwirrung mit einem Lächeln.
Jetzt setzten sie sich auf eine Bank unter eine breitästige Eiche und blickten einander auf ganz verschiedene Art an. Während Johann mit seinen Blicken Käthe förmlich verschlang, – so hübsch erschien sie ihm im sauber gewaschenen Kleid und im glatten Haar, – schlug sie die Augen nieder und erhob sie nur dann und wann, um ihn hold errötend anzuschauen.
Und beiden war so wohlig um das Herz in dieser friedlichen Stille, die nur ab und zu das Rauschen der Blätter oder der Schall der Schritte irgend eines Vorübergehenden unterbrach.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/212&oldid=- (Version vom 1.8.2018)