Das war ein Befehl und zugleich eine heiße Bitte um Ausführung des beschlossenen Planes.
Gegenüber solcher Stimme fühlte Käthe sich ohnmächtig. Ohne es zu ahnen, hatte Julia sie mit ihrer Sanftmut förmlich hypnotisiert.
Mit völliger Entsagung verließ Käthe das Zimmer, um den Brief unter der Jacke hervorzuziehen.
Dann schlug sie fromm ein Kreuz vor den Heiligenbildern und dem Tragöden, seufzte tief auf und trat wieder ein.
„Bitte, gnädiger Herr, ein Brief…“, sagte sie mit leiser, gedämpfter Stimme.
„Was für ein Brief? Von wem denn?“ fragte jener, griff hastig nach dem Papier und riß den Umschlag ab.
Julia schwieg nach wie vor, aß ihre Semmel und starrte vor sich hin.
Glücklich, daß sie der für sie so peinlichen Frage: „Wer brachte ihn!“ entging, eilte Käthe zurück zur Tür.
„Halt!“ rief Budowski. „Du wirst noch gebraucht. Da hast du ihn“, wandte er sich an seine Frau. „Er ist von deiner Mutter. Ich kann dieses Gekritzel nicht lesen. Was will sie denn schon wieder, diese alte ? ?“
Die letzten Worte sprach er mit unverhehltem Abscheu. Langsam nahm Julia den Brief entgegen, um ihn zu lesen. Ihr Gatte saß noch auf seinem Lehnstuhl, ärgerlich über dieses dumme Geschreibsel einer Frau, die, nach seiner Meinung, auf ihrem Gelde
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/077&oldid=- (Version vom 1.8.2018)