„Sie bezahlen mir aber doch ebensogut meinen Lohn,“ glaubte Käthe einwerfen zu müssen.
„Das allerdings, Fräulein,“ entgegnete Johann kopfschüttelnd. „Aber Sie können sich halbtot arbeiten, bevor Sie Ihren Lumpenlohn erhalten!“
„Arbeiten muß man doch überall.“
„Gewiß. Man läßt sich aber doch lieber von einem Leutnant befehlen, als von Erstwem, wie der selige Stefan sagte. Schade, daß sie den nicht kannten, Fräulein, das war ein strammer Ulan! Sehen Sie, die Gräfin, die ist solch ein Leutnant, die Magistratsleute aber, die sind – Erstwer. Obgleich man bei jener auch lieber Herr sein möchte und befehlen, als immer nach der Klingel hören, ist bei den Magistratsleuten doch nichts als Not und Elend. Sie ist so geizig wie ein Filz, und er ist ein Satan. Schon zweimal wechselten sie in diesem Vierteljahr, und weshalb? Weil sie eben keine Herrschaft sind!“ fügte er hinzu, indem er immer wieder zu seiner Behauptung zurückkehrte, wie ein Pferd im Tretrade immer zur selben Stelle.
Offenbar hatten sie beide etwas Gemeinsames in ihrer Gedankenfolge, denn auch Käthe wiederholte nur ihren philosophischen Ausspruch: „Arbeiten muß man doch überall!“
Und ungeduldig zuckte sie die kräftigen Achseln, als verlangte sie stürmisch nach der Arbeit, die ihr mit der Übernahme der neuen Pflichten zufallen sollte.
„Fräulein, Sie sind gewiß sehr kräftig zur Arbeit?“ fragte Johann, indem er sie bewundernd anschaute.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/021&oldid=- (Version vom 1.8.2018)