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Seite:WienRel.djvu/11

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einer um so größeren Arbeitsleistung bedarf, je näher man der Lichtgeschwindigkeit kommt. Es wirkt also eine Kraft auf eine bereits große Geschwindigkeit eines Körpers wie auf einen Körper von größerer Masse bei kleinerer Geschwindigkeit ein. Es erscheint daher die Masse von der Geschwindigkeit abhängig[1], wie es sich bei der Beobachtung der spezifischen Ladung der -Strahlen bestätigt hat. Die Lichtgeschwindigkeit spielt in der Relativitätstheorie die Rolle einer unendlich großen Geschwindigkeit.

Eine weitere Folge ist das Aufhören der Zusammensetzung zweier Geschwindigkeiten nach dem Satz vom Parallelogramm der Kräfte. Nach der gewöhnlichen Anschauung fügt sich eine Geschwindigkeit einer bereits in gleicher Richtung vorhandenen einfach hinzu. Das darf nun nicht mehr gelten, da dann aus zwei Geschwindigkeiten, die kleiner sind wie die Lichtgeschwindigkeit, sich eine solche ergeben könnte die größer ist. Die Zusammensetzung von Geschwindigkeiten muß daher so erfolgen, daß die Lichtgeschwindigkeit niemals überschritten wird.[2]

Eine sehr bedeutsame und weittragende Folgerung der Relativitätstheorie ist die, daß man der Energie in derselben Weise wie der Masse Trägheit zuschreiben muß. Man kann sich dies merkwürdige Ergebnis dadurch in einfacher Weise klar machen, daß man sich Energie in der Form von Strahlung, also an keine Materie gebunden, vorstellt, die von einem allein im Raum befindlichen Körper einseitig in einer bestimmten Richtung ausgesandt wird. Eine solche Strahlung übt auf den Körper, den sie verläßt, einen Druck aus, so daß dieser in einer der Strahlung entgegengesetzten Richtung in Bewegung gesetzt wird. Es würde also hierdurch möglich sein, eine absolute Bewegung im Raume zu erzielen und ihre Größe zu bestimmen.

Wenn man aber der ausgestrahlten Energie Masse zuschreibt, so haben wir es nicht mehr mit einer absoluten Bewegung zu tun, weil hier die nach einer Richtung forteilende Strahlung und der nach der andern gehende Körper sich relativ wie zwei Körper zueinander bewegen. Der Energie muß also träge Masse zugeschrieben werden, deren Größe gleich ist der Energie geteilt durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit.[3] Diese Auffassung hat zur Folge, daß man Energie und Masse nicht unterscheiden


  1. [32] 6) Es ergibt sich hierbei ein Unterschied zwischen longitudinaler und transversaler Masse je nachdem die beschleunigende Kraft in der Richtung der schon vorhandenen Geschwindigkeit wirkt oder senkrecht dazu. Jede Masse die durch die Beschleunigung bei geringer Geschwindigkeit gemessen wird, wird bei großer Geschwindigkeit
    bei longitudinaler Beschleunigung
    bei transversaler Beschleunigung
  2. [32] 7) Zwei Geschwindigkeiten und gleicher Richtung addieren sich nicht einfach sondern ergeben eine gemeinsame Geschwindigkeit von der Größe die immer kleiner ist als die Lichtgeschwindigkeit .
  3. [32] 8)Dieses Ergebnis erhält man am einfachsten in folgender Weise: Wenn ein Körper mit der Oberfläche 1 qcm die Energie in einer bestimmten Richtung ausstrahlt, so ist die Energiedichte (Energie in der Volumeinheit) wo die Lichtgeschwindigkeit bezeichnet. Der Druck, den die[33] den Körper verlassende Strahlung auf diesen ausübt ist der Energiedichte gleich. Wenn wir nun der Energie die träge Masse in zuschreiben, so ist die Bewegungsgröße der Energie und diese ist gleich der Kraft mit welcher der Körper auf die Strahlung zurückwirkt, die auch gleich ist. Es ist also

    Vgl. Einstein, Ann. d. Phys. 18, S. 639 1905; 48, S. 1129 1915.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Wien: Die Relativitätstheorie vom Standpunkte der Physik und Erkenntnislehre. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1921, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WienRel.djvu/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)