Gab es überhaupt ein solches Wort? Er fragte sich’s. Er war der Linkischere von beiden.
„Läute, Zdenko, damit sie uns Wasser in die Vasen bringen,“ sagte Annie.
„Ja, ja, gleich, nur …“ er stockte.
„Und dreh das elektrische Licht auf; es wird dunkel.“
„Gleich, ich kann den Knopf nicht finden, Annie!“ Er war ganz nahe an sie herangetreten.
„Zdenko!“
„Du denkst schlecht von mir.“
„Nein, ich denke nur, daß du ein sehr schwacher Mensch bist, der seines Schicksals nicht Herr werden konnte.“
„Annie!“
„Ich hätt’s nicht sagen sollen, Zdenko; man hat nicht das Recht, so aufrichtig zu sein!“
„Mit Sterbenden soll man immer aufrichtig sein, und mir ist’s, als stünde ich an der Schwelle der Ewigkeit. Was aus mir wird von morgen an, kann ich nicht ausdenken; mir ist’s, als hätt’ ich nur mehr bis morgen zu leben!“
„Zdenko, das ist entsetzlich! Kein Ausweg … keiner? …“
„Nein, keiner!“
Eine lange, dumpfe Pause. „Wirst du morgen in der Kirche für mich beten, Annie?“ murmelte Swoyschin.
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/272&oldid=- (Version vom 1.8.2018)