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Seite:Ueber die Dresdner Kunstausstellung (1806).djvu/12

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Anordnung, Zeichnung, Kolorit, Drapperie, Ausdruck geben uns deutlich den denkenden Künstler zu erkennen. Und würfe uns jemand ein, daß z. B. das Fleisch des Apollo zu glühend gehalten, die Muskulatur zu kräftig und ringerartig hervorgehoben sey, so verweisen wir auf den oben entwickelten Moment des Bildes und gestehen, daß wir uns den Körper des Apolls, wie ihn uns das Alterthum in dem schönsten Reste hinterlassen hat, kaum anders vorzustellen wissen. Und wie beleidigend blaß würde der Leib des Erblichenen aussehen müssen, wenn der Apoll blässer gehalten wäre, um wie viel leiser würde der herrliche Contrast, der das Bild so ansprechend und lebendig macht, hervor getreten seyn? – Und heißt die Kunst nicht schön? Soll sie nichts als getreue Kopie der Natur seyn? –

Zudem müssen wir noch bekennen, daß uns jetzt, wo die Künstler so äußerst selten Gelegenheit haben, schöne bloße Körper zu sehen und die Kenntniß des Nackten – die Seele der griechischen und aller Kunst – fast ganz untergegangen ist, ein Bild doppelt schätzenswerth seyn muß, welches das wahre Verständniß desselben so deutlich ausspricht und einen gebildeten Geist ankündigt, der entfernt von den plastischgezierten Stellungen und antiken Drapperien der Franzosen, so wie von dem unbedeutenden Ausdruck ihrer Bilder, lebenswarm und mit deutscher Kraft seinen Gegenstand aufzufassen weiß, und dem wahren ernsten Ziele seiner Kunst nacheifert.

Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Ueber die Dresdner Kunstausstellung (1806). Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1806, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Dresdner_Kunstausstellung_(1806).djvu/12&oldid=- (Version vom 23.3.2025)