Wie kommt es denn, sprichst du, daß Jupiter so schweiget,
Nicht pfeifet oder zischt, noch zornig sich erzeiget?
So meinest du, o Narr! Weil dich der Boden trägt,
Weil dich der Donner nicht fort in die Erde schlägt,
Zehn gantzer Klaftern tief: Es sey bereits vergessen,
Und hältest nun davor das Stehlen, Rauben, Fressen,
Daß Neid, Betrug und Mord, daß wüste Tyranney
Nicht Sauersehens wehrt und lauter Kurtzweil sey.
Womit kanst du also die Götter doch bethören,
Daß sie dir günstig seyn und gerne müssen hören?
Was macht dich so genehm? Ein Hand voll Blut und Fett?
Schaaf-Rind-und Kälber-Fleisch? Ein fluchendes Gebet?
Doch du bist nicht allein ein Mann von solchem Ruhme,
Der mit den Göttern spielt. Dort sitzet eine Muhme,
Die süssen Brandtwein hat, so bald sie ist erwacht,
Die Lippen Andacht voll, die Nase roth gemacht
Und hält ihr Kindes-Kind. Sie braucht in wisch- und winden
Ein sonderlich Gesetz. Sie streichet forn und hinden
Ein dreymal doppelt Creutz. Wenn dieses ist gethan;
Da hebt sie ihr Gebet mit einem Seufzer an:
Der Himmel sey dir hold, der dir bereits gegeben
Der Schönheit höchsten Preiß für allen die da leben,
O gleicher Mutter Sohn! Es wachse Glück und Geld
Dir in der Wiegen zu, als wie der Regen fält.
Gantz England weiche dir an Vieh und schöner Weide.
Apulien an Wein, Egypten an Getreyde.
Der reiche Licinus, des Crassus grosse Pracht
Sey gegen dir, mein Sohn, für Betteley geacht.
Was nur dein Hertze wünscht, das muß dir GOtt beschehren
Ein grosser König muß zu Eidam dich begehren.
Wohin du treten wirst, wo deine Füsse gehn,
Da müssen Majoran und schöne Rosen stehn.
Und welche wird zulezt nach deinem Namen heißen?
Es müssen sich um dich die schönsten Jungfern reißen,
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/52&oldid=- (Version vom 1.8.2018)