Die nur den gantzen Tag sich für dem Spiegel putzt
Und täglich Sonntag spielt, und allen Nachbarn trutzt,
Die sucht, ich weiß nicht was. Noch hat es mehr Gebrechen,
Darauf ein neidisch Maul sehr hönisch weiß zu sprechen.
Die Jungfrau hält sich wohl. Sie thut sich gnug herfür.
Sie sitzet wohl zu Tisch, steht gerne vor der Thür.
Dagegen mag sie nicht zum kalten Wasser greiffen,
Noch in der Küchen stehn, und einen Haasen streiffen:
Rührt keinen Töpfen an, kocht weder Grütz noch Kraut.
Der Greuel kommt ihr an, wenn sie ein Spinnrad schaut.
Wo schreibt Lykurgus dann und Moses mit den Stecken,
Daß eine Haußfrau nur soll Draat und Finger lecken?
Daß man ein ehrlich Weib soll binden an den Heert,
Da Asch und Eymer fleugt? Der Mann ist Scheltens wehrt.
Der seines Hauses Ehr wie eine Dienst-Magd schätzet
Und wiederum die Magd an statt der Frauen setzet.
Ein ehrlich Haußwirthin hat denn genug bestellt,
Wenn sie nur ihr Gesind in steter Arbeit hält.
Wie selig ist der Mann, der seinen Sinn kan lencken,
Wie es die Noth begehrt! Kein Unfall kan ihn kräncken.
Daß mancher greint und klagt und macht mit Ungeduld,
Ihm selbst das Leben saur; des hat er selber Schuld.
Wer nichtes widerlichs mag hören oder sehen,
Der mag bey guter Zeit hin zu den Vätern gehen.
So mächtig ist kein Fürst, so zart ist kein Tyrann.
Er muß, zum öftern sehn, was er nicht ändern kan.
Der Höchste, dessen Macht unendlich weit sich strecket,
Der Himmel, Erd und Meer mit Blitz und Donner schrecket.
Sieht oft als seh er nicht. Schreibt kaum nur drey für neun.
Die höchste Weißheit muß der Thorheit Vormund seyn.
Zuletzt erkenne doch den Schalck in deinem Leibe,
Und wie du dir verzeihst, verzeih auch deinem Weibe;
So hat der Krieg ein Loch, der Streit ist beygelegt.
Kein Messer oder Dolch ist, das sich feindlich regt.
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)