Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica | |
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und ihnen mit temperirter Wärme / durch Einheitzen / Glaß Fenster u. d. g. zu Hülffe kommen.
Henricus IV. König in Franckreich hat es in seinem Königreich auch anfänglich angeordnet / Maulbeer-Bäume zu pflantzen und Seiden Würmer zuerziehen / welches auch glücklich reussiret / und nunmehro fast die beste Nahrung daselbst ist.
Es ist keine sauere Arbeit / sondern wird nur erfordert / daß es mit Fleiß / Sauberkeit und Geschicklichkeit / geschehe / dahero alle Bettler jung und alt / darbey dienen und ihr Allmosen selber erwerben können / wodurch denn viel Geld im Lande zu erhalten und Nahrung an zuschaffen wäre.
Allein es dürffte mit diesem Wercke wohl einen Anstand haben / biß daß ein AUGUSTUS sich findet / so dergleichen Unternehmen mit Ernst und Nachdruck zu stabiliren suchte.
Sonsten geben die Blätter von schwartzen Maulbeer-Baum eine grobe / die von weißen aber eine linde und weise Seide.
Die letztere Art ist ein sehr gewächsig Holtz / welches in zwey oder drey Jahren mehr zunimmt / als der schwartze in 4. 5. oder 6. Jahren.
§. 10. Es können aber die weißen Maulbeer-Bäume von den Kernlein gezeuget / in einer Baum-Schule gesäet / und also gar leicht fortgebracht werden / doch wenn sie aufgehen / muß man sie vor den Frost wohl bedecken.
Sie sind auch von Sproßen / so an der Wurtzel ausschlagen / und von Aestlein / so man in die Erde einleget / bey 100. ja bey tausenden / in kurtzer Zeit anzuziehen. Die Vielheit der jungen Maulbeer-Bäume müste dem Mangel an Laub ersetzen / bis die Bäume groß würden.
Die Seiden-Würme fressen auch das gar junge Kirschlaub / denn es im Frühling gar zart in diesen Ländern ist / und nicht so hart / wie in warmen Ländern wo selbst es die Sonnen-Hitze condensiret.
Wenn der Jahrgang nicht gut ist / wird auch in warmen Ländern wenig Seide von den Seiden-Würmern erzeuget / und ist gleich wie ein Miß-Jahr in andern Dingen / wie wir dergleichen Exempel bishero gehabt / daß die Seide ein merckliches an Preiß aufgeschlagen.
§. 11. Im übrigen ist der Maulbeer-Baum der klügste unter allen Bäumen / denn er schlägt nicht eher aus / als bis die Kälte vorbey / und dienet also dem Haußwirth hierunter zur Nachricht.
In der Chinesischen Landschafft Chekiang hat es gantze Wälder von wilden und von sich selbst erwachsenen Maulbeer-Bäumen / so große Nahrung zum Seiden-Handel geben. Diese Bäume sollen stets beschnitten werden / denn die jungen Schößlinge die besten Blätter und Nahrung für die Seiden-Würmer geben. Er. Francisci.
§. 12. Der Mispel-Baum wird gar wohl zu denen wilden Bäumen gerechnet / wie er auch an vielen Orten in Wäldern unter dem Schlag-Holtz wächset.
Er wird theils zu einen Strauch /
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/328&oldid=- (Version vom 20.8.2021)