Zur Linken des Flusses liegt von Zimmern abwärts der Ort Hochhausen, bekannt durch das Grabmal Nothburgens, der Königstochter, jener vom Volke verehrten Heiligen des Craichgaues, deren Bild in Stein ausgehauen, in der Kirche des Orts zu sehen ist, und von welcher sich noch manche Sagen unter dem Volke erhalten haben. Mit Vergnügen verweilt nun das Auge auf dem lieblich erweiterten, mit Rebenhügeln umgebenen Thale, und erreicht auf der rechten Seite des Neckars das freundliche Neckarelz, da wo sich der Strom theilt, eine Insel bildet, und die schöne Elzbach aufnimmt. Dieser Ort gehörte ehedem zu den Besitzungen des berühmten Ordens der Tempelherren, und noch wird der Gottesdienst einer Religionsparthei an eben der Stelle gefeiert, wo sie einst ihre Versammlungen hielten. Wenig Schritte von da, jenseits der Elz, über welche eine schöne Brücke führt, liegt das fleissige Diedesheim, durch beide Orte zieht die Landstrasse, welche von Würzburg nach Heidelberg geht. Bei dem leztgenannten Dorf geschieht in Nächen oder Fähren die Überfahrt über den Fluss; jenseits erreicht man, nahe am Ufer, den Ort Obrichheim, der durch manche daselbst ausgegrabene Alterthümer merkwürdig ist, und vielleicht noch merkwürdiger werden könnte, wenn Sachkundige weitere Nachforschungen anstellten. Vor etwa 12 Jahren erbaute ein dortiger Bürger ein Haus, beim Fundamentgraben kam man auf eine breite steinerne Stiege, welche in ein Gewölbe führte; die Unwissenden warfen die Öffnung wieder zu, im blinden Wahne, es könnte ein Geist in jenes Gewölbe verbannt seyn. Seitwärts von Obrigheim liegt, auf einem sorgfältig angebauten Berge, die alte Burg Neuburg, von Taglöhnern der dortigen Hofbeständer bewohnt; von da erblickt man das anmuthige Thal mit allen seinen reichen Umgebungen im schönsten Lichte, nahe und ferne gelegene Ortschaften, Schlösser und Burgen, Mühlen und Höfe, erreicht das Auge, und folgt gerne den Krümmungen der Elzbach im schönen Wiesenthale und den Wendungen des Neckars; in amphitheatralischer Gestalt stellt sich das Ganze unter den lieblichsten Bildern dar. Diese lächelnde Gegend, die das Gemüth so freundlich anspricht, war ehedem der Aufenthalt Maximilian Josephs von Baiern, welcher mit seiner ganzen Familie in den Zeiten der Belagerung Mannheims im Jahr 1705 drei Monate lang dort verweilte. Rechts am jenseitigen Ufer erhebt sich auf einem mit Reben bepflanzten Berge der alte Schreckhof, ehmals verschiedenen alten nun ausgestorbenen Familien gehörig. Durch fruchtbare Wiesen und Felder windet sich der Fluss hinab gegen Bienau, ein heiteres Dörfchen, am rechten Ufer, doch, ehe man es erreicht, sieht man zur Rechten die alte, beinahe gänzlich zerstörte Burg Thauchenstein, welche isolirt auf einem steilen Felsenhange dasteht. Gerade Bienau gegenüber, zur Linken des Stromes, liegt das kleine Dörfchen Mörtelstein; romantisch ist seine Lage; zwischen zwei Bergen eingeengt, bleibt es lange dem Auge verborgen, und gewinnt höhern Reiz durch die Überraschung. Noch romantischer liegt auf einem Hügel die kleine Kirche und der Kirchhof, den zwei hohe Tannenbäume dem Wanderer bezeichnen. Von nun an begrenzen dunkle Wälder und steile Berge die Ufer, und man gelangt an eine Stelle, wo der Unkundige, von hohen Gebirgen umringt, sich gleichsam eingeschlossen glaubt, und schwer errathen würde, wohin sich der Strom wendet. Zuerst erreicht man nun das Dorf Guttenbach zur Linken, und mehr abwärts Gerach zur Rechten des Flusses, von wo aus man jenseits gerade gegenüber die schönen Ruinen des Minnebergs empor ragen sieht, welche auf ihrem hohen Sitze schon von Ferne her den schönsten Anblick gewähren, und mit den Wendungen des Stroms sich in mannichfaltiger Gestalt darstellen. Jetzt engt sich das Thal immer mehr zusammen, und man kommt zur Rechten an den Ort Zwingenberg, den eine sehr geräumige Burg in noch bewohnbarem Zustande merkwürdig macht; es sind dort schreckliche Gefängnisse,
Reinhold Steig: Frau Auguste Pattberg geb. von Kettner. Koester, Heidelberg 1896, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Frau_Auguste_Pattberg.djvu/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)