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Seite:Steig Entstehungsgeschichte Maerchen Sagen Grimm.djvu/13

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Reinhold Steig: Zur Entstehungsgeschichte der Märchen und Sagen der Brüder Grimm. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen

ein. An der ersten (oben ausgehobenen) Stelle neigt sich jedoch unsere Entscheidung zu Gunsten des Büschingschen Textes; denn das iterierende „So ging un gin he“ ist volksmäßig, dem Stile beider Rungeschen Märchen gerecht und vortrefflich an seiner Stelle: Grimms bieten hier also den geringeren Text. Bei der drittletzten Probe oben fehlt Grimms ein Sätzchen, das Büsching bietet, das aber gerade so wie die anderen Aufforderungen der Frau: „ga tum Butt, ik wull Kayser syn“ oder „ga hen tun Butt, ik will waren as de lewe Gott“ berechtigt ist und später merkwürdigerweise wieder erscheint. Also auch hier hat Büsching den besseren Text. Den Büschingschen Schluß „noch hüt up dissen Dag“ ziehe ich gleichfalls dem Grimmschen „noch hüt un dissen Dag“ vor; der Ausgang vieler Grimmschen Märchen, z. B. „De Gaudeif un sien Meester“, bestimmt mich dazu. Während also der Büschingsche Text des Fischers sich als der Urschrift näherstehend zu empfehlen scheint, behauptet der Anhang der Grimmschen Sammlung (1812, S. X) das gerade Gegenteil: Büsching erhält den Tadel, dies Märchen sei von ihm „nicht ohne Fehler“ abgedruckt worden.


Wir stehen wie vor einem Rätsel. Was berechtigte Grimms zu diesem Tadel? Warum verändert ihre Dialektbehandlung den beiden Märchen das ihnen von Arnim und Büsching gleichmäßig verbürgte Äußere? Sprachwissenschaftliche Bedenken waren schwerlich das Motiv dazu. Denn in eine bewußte Dialektforschung, die eine so weit ihnen abliegende Mundart, wie die pommersche, schon herbeigezogen hätte, waren die Brüder um jene Zeit nicht eingetreten.

Keine abstrakte Methode würde erschließen können, was eine Quelle, die ich öffne, mühelos hervorbringt. Diese Quelle sind Briefe des Verlegers Georg Andreas Reimer an Wilhelm Grimm. Bei der Sichtung und Ordnung der Grimmschen Nachlaßpapiere, wie sie durch Vermächtnis der Erben, allein wissenschaftlichen Studien dienstbar, auf der Königlichen Bibliothek zu Berlin verbleiben werden, nahm ich Reimers die Herstellung der ersten Märchenausgabe begleitende Briefe durch. Wilhelm Grimms Briefe an Reimer sind leider nicht erhältlich. Die große Nachlaßmasse Reimers ist – durch Diebstahl, wie ich höre –

Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Zur Entstehungsgeschichte der Märchen und Sagen der Brüder Grimm. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen. Georg Westermann, Braunschweig 1907, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Entstehungsgeschichte_Maerchen_Sagen_Grimm.djvu/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)