„Bist du aber ein wunderlicher Mensch! Hörst ja, dass nicht, durchaus nicht.“
Petro stand da, schwieg, dann meinte er:
„Vielleicht doch, ohne das Amt? … Wenn auch nicht viel …“
„Man sagt dir’s ja, dass nicht! Hat’s dir den Schädel verlegt?“ brauste der Schreiber auf.
Und Pet[r]o steht noch immer da und geht nicht fort. Auch wusste er selber nicht, wozu er eigentlich wartete. Aber wie denn fortgehen, mit nichts? Zu Hause werden sie inzwischen auch die Erdäpfel aufgegessen haben! … Vielleicht doch noch einmal fragen? …
„Ich würde ja zurückgeben, sobald ich nur verdient haben werde, ich würde doch zurückgeben …“
Nun wurde aber der Schreiber ganz zornig:
„Man sagt’s dir ja, dass nicht! Was, soll man dir’s hundertmal sagen? Und wenn du ihm auch einen Pflock in den Schädel schlägst (Sprichwort), und er immer wieder – gib, gib! Nu, Menschen! …“
Petro entfernte sich aus der Gemeindestube.
Horpyna beruhigte das Kind und legte es nieder. Aus dem noch vorhanden gewesenen Mehl buck sie zwei Plätzchen, kochte Kartoffeln und Barschtsch dazu. Sie bereitet das alles zu und denkt:
„Heute halten wir’s noch halbwegs aus, vielleicht auch morgen … Wenn sie dem Petro geben, wird’s gar vielleicht nicht nötig sein, zum Vater zu fahren … Nein, wenn sie ihm auch geben, so haben wir doch noch immer nicht für die Saat … Man wird halt doch hinfahren müssen.“
Die junge Frau nahm die Plätzchen heraus, säuberte die Stube und setzte sich ans Spinnrad. Sie selbst hatte heuer nichts zum Spinnen – es war ja nicht wo zu säen. So spann sie denn Fremdes, vom Bündel. Macht immerhin in der Woche zwei Zwanziger aus, vielleicht auch einen Sechziger.
„Einen Sechziger wirst du verdienen die Woche und aufessen muss man für einen Rubel“ – dachte Horpyna, einen Faden ausziehend.
Als sie die Flurtür knarren hörte, dachte die junge Frau:
„Wahrscheinlich Petro … Ob er wohl wenigstens ein bisschen mitbringt?“
Wirklich Petr[o]. Schweigend trat er herein und liess sich auf der Bank nieder, ohne etwas zu sprechen. Horypna betrachtete ihn und erriet bald, dass er vergebens gegangen war.
„Petro,“ fragte sie, „haben sie nichts gegeben?“
„Sie sagen, es geht nicht ohne die Semstwo-Herren,“ entgegnete Petro finster.
Beide schweigen. Petro hatte das Haupt gesenkt und sass nun tieftraurig da. Und Horpyna beugte sich über das Spinnrad und spann nicht mehr. Petro sah sie an. So müde war sie, ganz herabgekommen. Und er bedauerte sie. Er trat zu ihr hin, umarmte sie und sprach:
„Schwer ist’s, mein Täubchen, schwer! Kränk’ dich nicht …“
Horpyna sah zu ihm auf, in ihren Augen standen Tränen.
„Wir werden das überstehen,“ sagte sie, „aber das Kind? Wie soll es das aushalten?“
Und Horpyna weinte still und sagte dann:
„Das scheint ja schon unser Los zu sein. Wenn Gott hilft, werden wir’s überstehen.“
Petro wollte das der Frau soeben auseinandersetzen, nun fühlt er, wie
: Ruthenische Revue, Jahrgang 2.1904. Verlag der Ruthenischen Revue, Wien 1904, Seite 549. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:RuthenischeRevue1904SelectedPages.pdf/461&oldid=- (Version vom 10.9.2022)