Verbrechen! Wie ungeheuerlich kam ihm dies plötzlich in seiner Sinn- und Ziellosigkeit vor! Und alles dies war einander würdig, dies unsagbare Elend und diese unermeßlichen Reichtümer! Sogar diese schmutzigen Häuser, die aussahen wie verfaulte Särge, in denen es von menschlichem Gewürm wimmelte, sogar jener schwer herabhängende Himmel, wie von Kot und Eiter durchtränkt! Gemein und verflucht ist solch ein Leben, solch ein Geschick!
„Fliehen, so schnell und so weit wie nur möglich!“ drängte ihn ein froher, befreiender Gedanke. Er fühlte sich wieder stark, rücksichtslos und auf alles gefaßt. Er kehrte schnell heim und erfuhr gleich beim Eintreten, von oben hätten Damen nach ihm geschickt.
Er ging ziemlich ungern hin, denn er sah neue, peinliche Verwicklungen voraus.
Yoe war noch nicht erwacht, aber der Malaie flüsterte:
„Er ist schon ganz kalt, so ist er immer vor dem Erwachen. Auch die Ausstrahlung ist verschwunden. Er muß jeden Augenblick zum Bewußtsein kommen.“
Im gelben Zimmer sprach Miß Dolly mit ihrem Hausarzt.
„Habe ich nicht gesagt, daß das ein schlimmes Ende nehmen muß?“ rief sie Zenon als Gruß zu.
„Aber das wird ihn nicht heilen!“ entgegnete er ungeduldig, wobei er in das andere Zimmer hineinschaute.
„Mr. Smith ist Sie suchen gegangen bei einer Miß … Ich habe den Namen vergessen.“
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/306&oldid=- (Version vom 1.8.2018)