„Ich sprach von deinen Angehörigen!“ fügte Zenon hinzu, in der Meinung, Yoe hätte ihn falsch verstanden.
„Ich besitze keine Angehörigen! Ich bin diesen Vampir losgeworden! Ich habe alle Bande zerrissen. Nichts mehr fesselt mich an das Leben! In diesen Tagen verlasse ich Europa für immer! Ich bin frei, ich brauche keine Heimat, weder Familie, noch Freunde! Ich werde meinen Leib in dem heiligen Wasser des Ganges waschen und meine Seele in Betrachtungen versenken! Dort wird mich das Geblök der Menschenherde nicht mehr erreichen. Ich habe hier so furchtbar gelitten. Ich habe den gemeinen Lebensinstinkt überwunden, ich werde auch das Leben selbst überwinden. Ich habe für eure Sünden gelitten, habe gebetet, habe mich kasteit! Doch jetzt weiß ich, daß euch nichts mehr erlösen wird. Ihr seid verdammt! Ihr Gottesmörder, ihr Anbeter des Bösen! Verflucht seid ihr, verflucht! Verflucht!“ schrie er in der wahnsinnigen Ekstase des Schmerzes, des Grauens und des Hasses.
„Du bist gekommen, mir Angst zu machen?“ wendete er sich an Zenon. „Bist gekommen, mich zu versuchen? Fort, du Abgesandter des Luzifer! Fort von mir!“ rief er und ging auf ihn zu, seine Augen schleuderten Blitze, so daß Zenon, über seinen Zustand verzweifelt, unbewußt zurückwich, – er wußte nicht, was er beginnen sollte. Doch plötzlich blieb Yoe stehen, tödliche Blässe überzog sein Gesicht, er schien wie versteinert.
Zenon stürzte auf ihn zu, doch trotz übermenschlicher Kraftanstrengung gelang es ihm nicht, ihn
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/295&oldid=- (Version vom 1.8.2018)