„Richtig, dir ging es ja nur …“
„Ich liebte dich, und gerade deswegen wäre ich nie deine Frau geworden, niemals!“
Er blieb stehen, so sehr wunderte ihn der Nachdruck, den sie auf ihre Worte gelegt hatte.
„Niemals, denn ich wünschte und wünsche es jetzt noch sehnlich, daß du ungebunden und frei deinen Höhenweg gehst. Adler müssen hoch über die Erde dahinfliegen, fern von der Alltäglichkeit. Eine Frau ist für einen wahren Künstler ein böser vernichtender Dämon, sie ist sein Vampir.“
„Du hast mich also mit Überlegung zu diesen Leiden verurteilt.“
„Ja, aber ich habe auch mein eigenes Leben geopfert, und meine Qual war es, die dir Adlerflügel wachsen ließ, – aus meiner Sehnsucht, durch meine Tränen bist du geworden …“
„Wer bist du denn, wer?“ Ihn durchdrang plötzlich eine abergläubische Furcht.
„Ich liebe dich!“ flüsterte sie und umfing ihn mit stillen Augen.
Sie schwiegen ziemlich lange, während sie unzählige Säle durchschritten, die von Wundern aller Zeiten und Länder überfüllt waren. Adas Gesicht hatte den Ausdruck einer bitteren Entsagung, er schaute sie immer aufmerksamer an und sagte schließlich traurig:
„Was kann ich dir heute für eine solche Liebe geben?“
„Du kehrst in die Heimat zurück, ich sehne mich sonst nach nichts mehr. Ich werde glücklich sein, daß ich dich der Heimat und der Literatur wiedergegeben habe, – ist das denn gar so wenig?“
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/238&oldid=- (Version vom 1.8.2018)