selbst, als hätte er sein Sehnen noch mehr angespannt … Denn siehe, vor ihm dämmerte ein Schatten … In dem schwarzen Abgrunde vor ihm wirbelte ein nebliger, verwehter Umriß … der erzitterte leuchtend … Er wurde langsam, nahm menschliche Gestalt an und wurde unbeweglich … Er begann einen zu sehen, der ihm gegenübersaß und vor sich hinstarrte …
Yoe verstand, daß jenes ersehnte Wunder geschehen war, er sah sich schon auf gekreuzten Beinen sitzend und unbeweglich, sich gleich und er selbst, er schaute in seine eigenen Augen, in sein eigenes Gesicht, als hätte sich sein Spiegelbild losgelöst und ihm gegenübergesetzt.
Er wankte plötzlich, für einen Moment wurde sein Bewußtsein umnebelt … Als er sich wieder erhob, konnte er nicht verstehen, wo er sei, welche von diesen beiden Spaltungen er wäre.
Er erhob sich plötzlich von der Erde, in der heiligen Freude über das Wunder, das zweite Ich erhob sich gleichfalls, sie standen einander gegenüber, mit demselben glückseligen Lächeln, mit demselben gegenseitigen Sichfühlen.
Jede Regung der Seele, jeder Gedanke, jede Gefühlsaufwallung war doppelt und zugleich dieselbe, geteilt und doch eins.
„Das dort bin ich, ich!“ dachte er, fühlte er vielmehr, sich vorwärts neigend, – sein Doppelgänger tat dasselbe, und mit demselben Gefühl der Verblüffung.
Er rückte um einen Schritt näher an sich heran,
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/179&oldid=- (Version vom 1.8.2018)