Erst nach längerer Zeit, als er schon völlig ruhig geworden war und sich überzeugt hatte, daß er bei Besinnung sei, ging er wieder hin und schaute furchtsam hinein.
Das große runde Zimmer war ganz in ein sanftes, bläuliches Licht getaucht, – ein bläulicher Teppich war über den Fußboden ausgebreitet, und bläulich waren die leeren, fensterlosen Wände, die nur hier und da mit heiligen, in Gold gemalten Zeichen verziert waren; von einer bronzenen griechischen Lampe, die von der Decke herunterhing, floß ein gedämpfter, nebliger Schimmer herab; in diesem ein wenig einschläfernden Halblicht, in dieser mondartigen Beleuchtung bewegten sich wie in einer Unendlichkeit, die nur vom Sternenschimmer unterbrochen wird, in dem berauschenden Dufte von Orchideen, die aus goldenen Körben herabhingen, unter den Klängen unbekannter Instrumente barfuß gespensterhafte Gestalten, die beinahe nackt waren; denn ihre Körper waren von bunten Schleiern verhüllt, die durchsichtig wie Wasser waren; nur ihre Gesichter, ihre Köpfe waren sorgfältig verhüllt; es sah aus wie ein Reigen von verdammten Geistern, die einen wilden Tanz aufführten und sich mit langen, grünen Bambusrohren schlugen.
Yoe saß in der Mitte auf einem Teppich, ganz nackt, zusammengekauert, unbeweglich, und schaute mit einem stumpfen, gleichsam erstarrten Blick vor sich hin, – er war wie eine Leiche, taub für alles; er war völlig blind und empfindungslos diesem tollen Wirbel gegenüber, der immer schneller sich drehte, in allen
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/113&oldid=- (Version vom 1.8.2018)