Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung | |
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Legende, die dem Erzbischoff Turpin beygelegt wurde. Es ist ausgemacht, daß dieß Werk zu Anfange des zwölften Jahrhunderts geschrieben sey. Es ist das älteste dieser Art, das wir besitzen. Daß kein älteres existiert habe, läßt sich darum nicht behaupten. Die Absicht dieser wunderbaren Geschichte geht dahin, zur schwärmerischen Tapferkeit gegen die Saracenen zu entflammen, und zu gleicher Zeit vor aller Ausgelassenheit der Sitten zu warnen, welche den Kreuzfahrern so sehr vorgeworfen wird.
In diesem Werke, welches bey weitem nicht so weitläuftig als die späteren Romane ist, wird auf die Bücher der Richter, der Könige, der Maccabäer, eine unverkennbare Rücksicht genommen. Der Riese Ferracutus ist offenbar nach Goliath, Roland nach Simson, Josua oder David geformt. In einer Schlacht, die Karl der Große den Saracenen liefert, und worin viertausend Mann auf dem Platze bleiben, muß die Sonne drey Tage lang still stehen. Simson und die Maccabäer werden als Heldenmuster aufgestellt.
Der Verfasser hat aber auch Kenntniß von der profanen Geschichte gehabt. Wenn er von der Schlacht von Ronceval spricht, eifert er gegen die Gewohnheit, Weiber in den Krieg und in die Läger mit zu nehmen, und beruft sich auf die Beyspiele des Darius und Antonius, die durch ihre zu große Anhänglichkeit an ihre Frauen unglücklich geworden sind.
Von orientalischen Ideen findet man nur schwache Spuren. Rolands Schwert, Duranda, das Felsen
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.2.djvu/116&oldid=- (Version vom 1.8.2018)