Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung | |
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gebildeten Klasse desselben beweisen. Der Philosoph legt entweder die herrschende Meinung der guten Sitte zum Grunde, sucht sie näher zu bestimmen und zu veredeln; oder er verläßt sie auch ganz, und stellt ein Ideal auf, das mit dem Hergebrachten und Gebräuchlichen im offenbaren Widerspruche steht. Er, oder seine Schüler können in der Folge den Ideen, die sie vortragen, ein solches Ansehn geben, daß sie die herrschende Denkungsart der wohlerzogenen und gebildeten Klasse der Bürger mehr oder weniger umformen. Aber ihre Anschauungsart beweiset nichts für die geltende gute Sitte in der Zeit worin sie schreiben.
Mir sind aus dem Zeitraume, der mich jetzt beschäftigt, nur zwey Philosophen bekannt, deren Werke vollständig genug auf uns gekommen wären, um ihre Ideen über Geschlechtssympathie und Gattenliebe mit einiger Zuverlässigkeit zu entwickeln:[WS 1] der eine ist Xenophon, der andere Plato.
Es geht mir nahe, wenn ich die Oekonomica des Xenophon zum Beweise der traurigen Lage der atheniensischen Gattinnen anführen höre, und es ist mir zugleich unbegreiflich, wie man sich auf diese Schrift in jener Absicht berufen könne.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: entwickeln, (siehe Verbesserungen)
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.1.djvu/105&oldid=- (Version vom 1.8.2018)