Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Zweyter Theil | |
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Wo ihr also ein solches Herz, für Menschenliebe und Zärtlichkeit geschaffen, antrefft, da wagt es dreist, eine engere Verbindung in der Hoffnung einzugehen, daß sie veredelt werden könne! Und wagt es nie ohne ein solches Herz, selbst da nicht, wo die größten Anlagen des Geistes und des Körpers die anziehende Person schmücken.
Aber dreymahl glücklich ist derjenige, der in dem Weibe seiner Wahl neben jenem Herzen zugleich jene Unschuld, jenes feine und hohe Gefühl der Ehre und Selbstwürde, jene Energie und Selbständigkeit, jenes Genie und Talent, jene Schönheit der Formen, kurz, jene Anlagen und ausgebildeten Fähigkeiten antrifft, deren Hauptzüge ich jetzt mit schneller Hand entwerfen werde. Was ich vorzeichne läßt sich zusammen finden. Aber gesetzt, diese Vereinigung machte ein bloßes Ideal aus, so wird Annäherung an Vollkommenheit, wie schon oft gesagt ist, in der wirklichen Welt für Vollkommenheit selbst genommen.
Es ist möglich, ja es ist gewiß, Weiber die vom Pfade der Tugend gewichen sind, können zu ihr, zum Edelsinn und zum Gefühl des Schönen in der Liebe, zurückkehren. Warmes Blut, üppige Eitelkeit, Anlage
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Zweyter Theil. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_2.djvu/181&oldid=- (Version vom 1.8.2018)