die herrlichste Aussicht. Nun wandeln wir in der Luft hin und wieder, indessen wir Gartenanlagen, in den alten Schutt gepflanzt, neben uns bewundern. Durch Brücken sind Türme, Mauerhöhen und Flächen zusammengehängt, heitere Gruppen von Blumen und Strauchwerk dazwischen; sie waren diesmal regenbedürftig wie die ganze Gegend.
Als die Gesellschaft am Abend in den Gasthof zurückkehrte, hörte sie ein fortwährendes Kanonieren von der Kapelle her. Dieser kriegerische Klang gab Veranlassung, später an der Wirtstafel dieses hohen Hügelpunktes ganz besonders als eines militärischen Postens zu gedenken. Indessen hatte sich im Gasthofe ein Fremder eingefunden und mit zu Tische gesetzt. Einige Anwesende ergingen sich um so unbefangener zum Lobe des Heiligen, als sie auch den Fremden für einen Wallfahrer hielten. Allein zu großer Verwunderung der Gesellschaft fand sich, daß er, obgleich Katholik, doch gewissermaßen ein Widersacher des Heiligen sei. An einem 16. August, als am Fasttage, da so viele den heiligen Rochus verehrten, brannte ihm das Haus ab. Ein anderes Jahr an demselben Tage wurde sein Sohn blessiert. Den dritten Fall wollte er nicht bekennen.
Ein kluger Gast versetzte darauf: bei einzelnen Fällen komme es hauptsächlich darauf an, daß man sich an den eigentlichen Heiligen wende, in dessen Fach die Angelegenheit gehöre. Der Feuersbrunst zu wehren, sei St. Florian beauftragt; den Wunden verschaffe St. Sebastian Heilung; was den dritten Punkt betreffe, so wisse man nicht ob St. Hubertus vielleicht Hülfe geschafft hätte. Im übrigen sei den Gläubigen genugsamer Spielraum gegeben, da im ganzen vierzehn heilige Nothelfer aufgestellt worden wären. Man ging die Tugenden derselben durch und fand, daß es nicht Nothelfer genug geben könne.
Um dergleichen selbst in heiterer Stimmung immer bedenkliche Betrachtungen loszuwerden, trat man hinaus unter den brennend gestirnten Himmel und verweilte so lange, daß der darauf folgende Schlaf als Null betrachtet werden konnte, da er die Gäste, noch vor Sonnenaufgang verließ. Sie traten sogleich wieder heraus, um nach den grauen Rheinschluchten hinzuschauen. Ein frischer Wind, günstig den Herüber- wie Hinüberfahrenden, blies von dort her ins Angesicht.
Schon jetzt waren die Schiffer sämmtlich rege und beschäftigt. Die
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)