ließ, machte er sie alle durch Berührung mit seiner rechten Hand und Bezeichnung mit dem heiligen Kreuz gesund. Sodann begab er sich ferner nach Rom, befreite auch allda nebst vielen anderen einen Kardinal von der Pest und hielt sich in die drei Jahre bei demselben auf. Als er aber selbst endlich auch von dem schrecklichen Uebel befallen wurde und man ihn in das Pesthaus zu den anderen brachte, wo er wegen grausamer Schmerzen manchmal entsetzlich schreien mußte, ging er aus dem Hospital und setzte sich außen vor die Thüre hin, damit er den anderen durch sein Geschrei nicht beschwerlich fiele; und als die Vorbeigehenden solches sahen, meinten sie, es wäre aus Unachtsamkeit der Pestwärter geschehen; als sie aber hernach das Gegenteil vernahmen, hielt ihn jedermann für thöricht und unsinnig, und so trieben sie ihn zur Stadt hinaus, da er denn, unter Gottes Geleit, durch Hilfe seines Stabes allgemach in den nächsten Wald fortkroch. Als ihn aber der große Schmerz nicht weiter fortkommen ließ, legte er sich unter einen Ahornbaum und ruhete daselbst ein wenig, da denn neben ihm ein Brunnen entsprang, woraus er sich erquickte. Nun lag nicht weit davon ein Landgut, wohin sich viele Vornehme aus der Stadt geflüchtet, darunter einer Namens Gotthardus, welcher viele Knechte und Jagdhunde bei sich hatte. Da ereignet sich aber der sonderbare Umstand, daß ein sonst sehr wohlgezogener Hund ein Brot vom Tische wegschnappt und davonläuft. Obgleich abgestraft, ersieht er seinen Vorteil den zweiten Tag wieder und entflieht glücklich mit der Beute. Da argwöhnt der Graf irgend ein Geheimnis und folgt mit den Dienern. Dort finden sie denn unter dem Baum den sterbenden frommen Pilger, der sie ersucht, sich zu entfernen, ihn zu verlassen, damit sie nicht vom gleichen Uebel angefallen würden. Gotthardus aber nahm sich vor, den Kranken nicht ehe er gesund von sich zu lassen, und versorgte ihn zum besten.
Als nun Rochus wieder ein wenig zu Kräften kam, begab er sich vollends nach Florenz, heilte daselbst viele von der Pest und wurde selbst durch eine Stimme vom Himmel völlig wiederhergestellt. Er beredete auch Gotthardus dahin, daß dieser sich entschloß, mit ihm seine Wohnung in dem Walde aufzuschlagen und Gott ohne Unterlaß zu dienen, welches auch Gotthardus versprach, wenn er nur bei ihm bleiben wollte; da sie sich denn eine geraume Zeit mit einander in einer alten Hütte aufhielten, und
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/88&oldid=- (Version vom 1.8.2018)