Auf der Ebernburg im Nahethale, sagte Ulrich von Hutten, seien Streitroß und Waffengewerbe, Müßiggang und Feigheit verachtet, Männer zeigten sich dort als Männer und Gutes und Schlechtes werde nach Gebühr gewogen und behandelt; für die Gottheit sei dort Verehrung, für die Menschen Sorgfalt und Liebe zu Hause. Alle Tugenden fänden dort ihren Lohn, Habsucht werde nicht geduldet; der Ehrgeiz sei dort geächtet, Gemeinheit und Laster seien weit entfernt; Ritter und Knappen, von reiner Freiheitsglut erfüllt, verschmähten das Gold und strebten nur nach großen Thaten; jeder Vertrag werde auf der Ebernburg gehalten, die Treue geehrt, der Glaube gehegt, die Unschuld geschirmt; dort blühe die Redlichkeit und dort sei die Herberge der Gerechtigkeit. Diese Worte sind zugleich eine Verherrlichung Franz von Sickingens, des größten Bewohners der Ebernburg.
Der Eber, welcher in dem Namen der Ebernburg vorkommt, war auch an der Burg abgebildet. Den Namen und das Bild erklären zwei Sagen, die beide nebeneinander erzählt zu werden verdienen. Möge denn der freundliche Leser selbst sich darüber entscheiden, durch welche dieser beiden Ueberlieferungen seiner Meinung nach der Name der Ebernburg am besten erklärt ist.
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/73&oldid=- (Version vom 1.8.2018)