sich heimlich bei Nacht aus dem Lager der Kreuzfahrer und kehrte so schnell, als es in jenen Zeiten möglich war, zurück.
In der Heimat war zum Unglück auch noch der Vater des Junkers von Lorch gestorben, an welchem der Vater seiner Braut sonst wohl noch einen Bundesgenossen gegen die ihm und seiner Familie angethane Gewalt gefunden haben würde. Sogleich hatte der Raubritter die Braut nach dem festen Rheinberg entführt. Mit Entsetzen hörte der Junker bei der Heimkehr, was geschehen war. Er ritt längere Zeit am Rheine auf und ab, ehe er auf einigen der Ritterburgen noch ein paar Jugendfreunde fand, welche während des Kreuzzuges zu Haus geblieben waren und mit ihm das gefährliche Wagstück unternehmen wollten, Rheinberg, die Raubveste, zu erklimmen und zu erobern. Höhnisch rief ihm der Raubritter bei der Ankunft unten am Berge zu, er werde seine Braut nicht wieder erhalten, wenn er nicht im Galopp mit seinem Fähnlein den Berg heraufsprengen könne. Der Berg aber war so beschaffen, daß sich damals nicht einmal ein Weg an ihm zeigte. Dennoch wollten die Ritter den Berg hinanjagen. Aber alle glitten von ihm ab. Ritter Gilgen kam dabei noch dazu sehr übel unter sein Pferd zu liegen. Alle kehrten nach ihren Burgen zurück.
Der Ritter Gilgen erkannte zwar, daß Gott ihn strafen wolle, weil er sich von den Kreuzfahrern weggeschlichen habe. Aber sollte er seine Braut in ihrer Höllenangst verlassen, die sie gewiß dort oben bei dem Raubritter ausstand? Lieber wollte er sich selbst dem Teufel verschreiben, damit dieser ihm hülfe, die Burg Rheinberg zu erklimmen. Nachdem er dem Teufel seine Seele verschrieben hatte, vermochte er auf seinem Rosse den Rheinberg hinaufzugaloppiren und den Raubritter zu töten. Die Braut des Ritters von Lorch aber konnte sich des Wiedersehens nicht erfreuen, denn schon war der Teufel zur Stelle und wies die Schrift vor, worin ihr Geliebter ihm seine Seele verschrieben hatte. Aber schnell riß sie ihm die Verschreibung aus der Hand, warf sie auf den Tisch und stellte ein Crucifix darauf. Unter dem Kreuze konnte der Teufel sie nicht hinwegnehmen und dadurch war die Seele des Ritters gerettet. Endlich fuhr er zum Fenster hinaus, nahm das Fenster mit, setzte aber zugleich das
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/112&oldid=- (Version vom 1.8.2018)