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Seite:Prodromos (Altenberg).djvu/123

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Kleider müssen lose an dir hängen, gleichsam verkündend: Die Bewegungsfreiheit unseres Herrn ist uns heiliger als unsere eigene sogenannte Schönheit! Ärmellöcher können nicht weit genug sein! Wir wollen unserem Herrn, unserer Frau den edlen Port-de-bras ermöglichen! Das sei unser Kleiderschönheitsehrgeiz!


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Beurteile die Schönheit des Antlitzes einer Dame erst in dem Augenblicke, da ihr endlich einer, von dem sie es längst erwartete, sagte: „Ich habe Sie sehr, sehr lieb.“ – – –

Dann erst befindet sie sich in ihrem überhaupt erreichbaren Schönheitshöhepunkte!


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Naturalismus und Romantik. Man kommt eben allmählich darauf, dass die „blaue Blume“ der Romantiker ganz einfach wirklich auf dem wirklichen Felde wachse – – – die Feld-Glockenblume, die Kornblume, das Vergissmeinnicht etc. etc., und zwar schöner, lieblicher, weltentrückter und sanft-mysteriöser als die Blumen auf dem lächerlichen Humus von Wolkenkuckucksheim – – –! Im „Realen“ das „Ideale“ noch aufspüren können – – – das allein heisst wirklich ein Romantiker sein!

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Empfohlene Zitierweise:
Peter Altenberg: Pròdromos. Berlin 1906, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prodromos_(Altenberg).djvu/123&oldid=- (Version vom 1.8.2018)