Und das ästhetisch Vollkommene überlassen wir ausschliesslich den Schicksals-Genies! Denen, die es mitbekommen haben als Erbteil! Hagen kann nie Siegfried werden. Er ist bleich und schwarz, schwerfällig und von langsamer Verdauungskraft.
Hagen mit manikürten Händen – – – ha ha ha ha. Es bleiben dennoch ewiglich schwere Mord-Hände!
„Mein Gatte geht im Schneegestöber ohne Hut,
lässt die Schneeflocken in seinen geliebten Haaren
zerrinnen – – –“ sagte stolz eine
junge Dame. „Die Passanten bleiben lächelnd
stehen, aber das ist eben mein grösster Stolz!“
„Du gehst ziemlich schlapp und linkisch“ sagte
sie sanft-traurig zu ihm.
Da begann er heimlich des Morgens mit den adeligen Frei-Übungen: Arm-heben nach auf-seit-abwärts-vorwärts, in blitzschneller Präzision. Beinheben vor-und seitwärts. Anfersen. Tiefe Rumpfbeuge nach vor-und rückwärts. Alles in blitzschneller Präzision. Bis zur ersten leichten Ermüdung. Dann Rast in Liege-Stellung.
Eines Tages sagte sie beglückt: „Du schreitest nun leichter und froher dahin, mein Lieber – – –.“
Peter Altenberg: Pròdromos. Berlin 1906, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prodromos_(Altenberg).djvu/072&oldid=- (Version vom 1.8.2018)