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Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/42

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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

und Streit, Gott, die Siegespreise der besseren Partei gibt, die Gegenpartei aber gänzlich vernichtet. [24] 153 Es zeigt sich darin aber auch noch folgendes Bild, das nicht mit Stillschweigen übergangen zu werden verdient. Die Geschicke der Menschen lassen sich mit einer Leiter vergleichen wegen ihres ungleichen [644 M.] Verlaufs. 154 Denn ein und derselbe Tag, heißt es,[1] riß den einen von seiner Höhe herab und hob den anderen empor, da nichts, was zu uns gehört, imstande ist, in demselben Zustand zu verharren, sondern sich in mannigfachen Wandlungen ändert. 155 Oder werden nicht fortwährend Herrscher aus Privatleuten, Privatleute aus Herrschern, Arme aus Reichen und aus Armen Besitzer von großem Vermögen, die Angesehensten aus solchen, um die man sich nicht gekümmert hat, und die Berühmtesten aus Unberühmten, Starke aus Schwachen und aus Unfähigen Fähige, Verständige aus Törichten und die Vernünftigsten aus den Unverständigen? 156 Ja, das ist eine Art Weg hinauf und hinab, den die menschlichen Geschicke nehmen,[2] die sich auf schwankende und unsichere Zufälle stützen,[3] deren Ungleichmäßigkeit die untrügerische Zeit dartut, nicht durch unklare, sondern durch deutliche Beweise.

[25] 157 Es kündete aber der Traum, daß auf der Leiter der Erzengel, der Herr[4] stand. Man muß nämlich annehmen, daß, wie der Lenker über dem Wagen, der Steuermann über dem Schiff, das Seiende oben darüber steht über Körpern, über Seelen, über Dingen, über Worten, über Engeln, über Erde, über Luft, über Himmel, über wahrnehmbaren Kräften, über unsichtbaren Wesen, wie viele ihrer erkennbar und unerkennbar sind; denn dadurch daß es die ganze Welt mit sich selbst verband und sie von sich abhängig machte, lenkt es dies so große Wesen. 158 Keiner aber, der da hört, daß er stand, möge glauben, daß etwas Gott beim Feststehen behilflich sein müsse, sondern er möge bedenken, daß die Worte der Offenbarung dasselbe bedeuten wie: ein Halt und eine Stütze, eine Festigkeit und Sicherheit für alles ist der nicht wankende Gott, der, wem er will, das Siegel der Unerschütterlichkeit aufprägt; denn wenn er stützt und mit halten hilft, bleibt das Zusammengesetzte in voller Kraft dem


  1. Eurip. frg. 420 Nauck vgl. Leben Mos. I 31.
  2. Anspielung auf Heraklit 12 Β 60 (Diels); über den Logos (= Schicksal), der sich im Kreise dreht, vgl. Über die Unveränderlichkeit Gottes § 176.
  3. χρωμένων nach Wendlands Konjektur.
  4. D. h. Gott in Gestalt eines Erzengels: § 228ff.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/42&oldid=- (Version vom 7.10.2018)