Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt | |
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aus Aegypten die syrischen Städte und ihre Losanteile hätten bewohnen können, mussten sie von dem eigentlichen und kürzesten Wege abbiegen und hin- und herwandern, schwer gangbare weite Wege in unwegsamer Gegend, einen nach dem andern, sich bahnend zu endloser Ermüdung der Seele und des Körpers, und mussten so die gebührende Strafe für ihre masslose Gottlosigkeit erdulden. 238 Achtunddreissig Jahre also ohne die bereits abgelaufene Zeit, ein Menschenalter hindurch, [p. 119 M.] auf- und abziehend und die pfadlosen Wüstensteppen durchmessend, gelangten sie endlich im vierzigsten Jahre wieder an die Grenzen des Landes, an die sie schon früher gekommen waren (4 Mos. 20,14ff.). 239 Aber an den Eingängen wohnten andere, die sogar Verwandte von ihnen waren, von denen sie erwarteten, dass sie eigentlich mit ihnen den Krieg gegen die Nachbarn führen und in allen Stücken ihre Ansiedelung fördern würden, wenn sie aber Anstand nahmen dies zu tun, wenigstens sich so weit zurückhalten würden, unparteiisch zu bleiben. 240 Beider Völker Urahnen nämlich, des Hebräischen und der Bewohner des Vorlandes, waren Brüder von demselben Vater und derselben Mutter gewesen, noch dazu Zwillinge, und da diese mit vielen Kindern gesegnet worden waren und auch deren Abkömmlinge fruchtbar waren, so hatte sich jedes der beiden Häuser zu einem grossen, menschenreichen Volke ausgedehnt; aber das eine war im Lande geblieben, das andre war, wie früher erwähnt, infolge einer Hungersnot nach Aegypten ausgewandert und kehrte jetzt nach langer Zeit wieder zurück. 241 Sie waren lange von den anderen getrennt gewesen, aber die Verwandtenliebe bewahrten sie ihnen, obwohl diese keine der väterlichen Sitten mehr beobachteten, sondern alle Einrichtungen der alten Verfassung geändert hatten. Jene waren eben der Ansicht, dass es sich für wohlgesittete Menschen gezieme, auf den Namen der Verwandtschaft etwas zu geben und ihm gern ein Opfer zu bringen. 242 Das andre Haus hingegen hatte jedes Gefühl der Liebe zerstört, es war nach Charakter und Rede, in Rat und Tat einem Bündnis oder Vertrag abhold und entfachte die Feindschaft von den Vätern her von neuem – der Ahnherr dieses Volkes hatte, obwohl er selbst seinem Bruder das Recht der Erstgeburt verkauft hatte, kurz darauf
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/062&oldid=- (Version vom 1.8.2018)