Aber vor Allen, ihr Theaterliebhaber! Woher, glaubt ihr, daß die Lustspiele, die euch so sehr ergötzen, entstanden sind? da sie doch, – obgleich sie unter allen erdachten Erfindungen die verderblichsten sind, – von euch so sehr geschätzt und so gern und häufig besucht werden! Ich will es euch sagen: ihr Stammvater war ein Heide; und zwar keiner der bessern Klasse. Er hieß Epicharmus. Man nennt ihn freilich einen Philosophen, oder einen Verehrer der Weisheit; er war es aber nur dem Namen nach, und eben so wenig in der Wirklichkeit, als die heutigen Schauspieler wahre Christen sind. Suidas, ein griechischer Geschichtschreiber, erzählt von ihm, er sei der erste gewesen, der Komödien erfand, und habe auch mit Hülfe eines gewissen Phormus funfzig Fabeln gemacht. Wollt ihr auch sein Vaterland und die Veranlassung zu seiner Erfindung kennen? – Seine Vaterstadt war Syrakus, die (ehemalige) Hauptstadt Siciliens, welche wegen der schändlichen Handlungen vieler ihrer Tyrannen merkwürdig war. Diesen durch Ergötzung ihrer Sinne zu gefallen, strengte Epicharmus seinen Witz an, und erfand die Komödien. Ist dieses nun aber nicht ein böser und verwerflicher Ursprung derselben? Und ist es daher nicht eben so tadelnswerth, wenn Jemand solche Dinge nachahmt, oder zu rechtfertigen sucht, welche schon die Tugendhaften unter den Heiden verwarfen? Ja, ist es nicht entsetzlich, wenn Diejenigen, die sich Christen nennen, an solchen Erfindungen Vergnügen finden, sie unterstützen und in Schutz nehmen? – Auch können die traurigen Trauerspiele sich keiner bessern Abkunft rühmen. Ihr Erfinder war ein gewisser atheniensischer Dichter, Namens Thespis,
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/340&oldid=- (Version vom 1.8.2018)