in den Regierungen zu streiten schienen; weil sie zur Ungebundenheit, zum Müßiggange, zur Unwissenheit und Weichlichkeit, den giftigen und ansteckenden Seuchen der Staaten und Reiche, führen. Aber so groß ist die Anmaßung der leichtsinnigen Menschen unsers Zeitalters, daß sie sich beinahe schon für Heilige halten, wenn sie sich von solchen groben Lastern und Verbrechen frei wissen, die das Gesetz mit Gefängnißstrafe belegt. Ihre Gemüther sind von der vermeinten Unschuld ihrer gewöhnlichen Ausschweifungen so eingenommen, daß sie sich ihnen ganz hingeben, und um bessere Dinge sich wenig bekümmern. Dies macht sie so kühn in ihrer Vertheidigung derselben, und so entschlossen, keinen Gedanken dagegen einzulassen. Und was hat dieses für einen Grund? – Die Freiheit, in der sie leben, behagt ihrer Sinnlichkeit; sie befriedigt das lüsterne Auge und den verwöhnten Gaumen der verderbten Natur. Daher halten sie es schon für etwas Lobenswerthes, wenn Jemand in seinen Genüssen sich auf das Beispiel der Thiere beschränkt, die nur das zu sich nehmen, was die Natur fordert; wiewohl selbst die Anzahl Derer, die so denken, nur gering ist. So sehr haben Viele in unsern Tagen sich der Unmäßigkeit ergeben, daß sie keine andere Richtschnur für ihre Handlungen, als ihren eigenen Willen anerkennen, und wenn sie es hoch bringen, einen Ruhm darin suchen, daß sie sich keiner der niedrigsten Laster schuldig gemacht haben. Diesen kann man ihnen auch in der That zu einer Zeit nicht absprechen, wo keine Handlung so abscheulich seyn kann, daß nicht Einige sie dennoch für erlaubt hielten. Indessen ist es gewiß doch immer ein Beweis allgemein herrschender Ruchlosigkeit unter den Einwohnern eines Landes,
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/316&oldid=- (Version vom 1.8.2018)