Lust, der Andere verachtet sie als unter seiner Würde. Sind es endlich alte Leute, die sich dem Klosterleben ergeben, so haben sie oft keinen andern Beweggrund dazu, als weil ihr langes, mit Schuld belastetes Leben bei dem Aberglauben Zuflucht sucht. Nachdem sie lange genug in andern Dingen ihrer Selbstliebe gefolgt sind, wollen sie nun damit enden, daß sie eine selbsterwählte Religionsform ergreifen, um Gott zu versöhnen.
§. 13. Die wahre Aufnahme des Kreuzes Jesu bestehet in einer innern Gemüthsübung, in einer genauen Vorsichtigkeit, Wachsamkeit und Inachtnehmung der Seele, daß sie in Uebereinstimmung mit dem ihr geoffenbarten Willen Gottes handeln möge. Muß aber dabei nicht die Seele den Körper, und nicht der Körper die Seele regieren? Und sollten daher nicht solche Menschen bedenken, daß keine äußere Zelle die Seele vor bösen Begierden verschließen oder das Gemüth vor einer unendlichen Menge sündlicher Vorstellungen bewahren kann? Die Gedanken des verderbten menschlichen Herzens sind böse, und zwar unaufhörlich; das Böse kommt von innen, und nicht von außen; – denn, wenn es sich auch von außen zeigt, und im Innern des Herzens keine Aufnahme findet, so kann es keine böse Wirkung hervorbringen; – wie kann denn nun hier die Anwendung eines äußern Mittels eine innere Ursache aufheben? oder wie kann ein bloß körperlicher Zwang eine Einschränkung des Geistes bewirken? Dieses wird gewiß weit weniger im eingesperrten und gezwungenen als im freien Zustande des Menschen der Fall seyn; denn wo er am wenigsten handelt, da hat er die mehrste Zeit zu denken, und insofern seine Gedanken nicht durch einen höhern Einfluß geleitet werden, sind in
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/087&oldid=- (Version vom 1.8.2018)