wie einst die verwundbare Ferse des edlen Achilleus aus seinem löcherigen Heldenstrumpf. Ich bin weit davon entfernt, meine alltäglichen Erfahrungen als Wegweiser und meine harmlosen Geständnisse als Warnungstafel aufrichten zu wollen. Sollte aber der oder jener junge Mann Lust haben, ein sonniges Stück meiner Lebensbahn in der Erinnerung mit mir zu durchwandern, so heiße ich ihn willkommen und hoffe unentwegt sein Zutrauen zu gewinnen. Und von den Alten wird mir gewiß mancher gern Gesellschaft leisten, denn sie plaudern alle von nichts lieber als von fröhlicher Jugendzeit.
Geschrieben zu Dresden, Ludwig-Richter-Straße 31, in meinem siebzigsten Lenze.
Im Nachlasse Prof. Dr. Otto Richters, des um die
Dresdner Stadtgeschichte hochverdienten Gelehrten und Ratsarchivars,
fand sich diese druckfertige Handschrift vor. Er
hatte bestimmt, daß ich sie herausgeben sollte, falls es ihm
selbst nicht mehr möglich wäre. So lege ich sie denn unverändert
vor. Ich weiß, seine vielen Freunde und Verehrer
werden das Buch in dankbarem Erinnern lesen; allen aber,
die es zur Hand bekommen, wird die bescheidene, heitere
Lebensfreude dieses Kopfarbeiters eine Erquickung sein.
Dresden, im Christmond 1925.
Otto Richter: Lehrjahre eines Kopfarbeiters. Verlag der Buchdruckerei der Wilhelm und Bertha von Baensch Stiftung, Dresden 1925, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Richter_Lehrjahre_eines_Kopfarbeiters.pdf/12&oldid=- (Version vom 25.5.2024)