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Seite:Neuesarchivfur03sach.djvu/113

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Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz

Das königliche Schloss zu Bautzen, die Residenz der Landvögte, war durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Da baute es endlich der Landvogt Georg von Stein wieder auf und liess (1486) über dem Eingangsthore zum Schlosshofe ein steinernes Monument[1] anbringen, welches den damaligen Landesherrn, König Mathias von Ungarn, in einer Halle sitzend darstellt, umgeben von den Wappenschilden der Länder Ungarn, Dalmatien, Croatien, Böhmen, Oesterreich, Schlesien, Steiermark, Mähren und Niederlausitz. Ebenso liess derselbe Landvogt zu Ehren des Ungarkönigs (1488) auch zu Görlitz ein steinernes Monument am Eingange in das Rathhaus errichten.[2] Wappenhalter und schwebende Engel umgeben einen quadrierten Hauptschild mit den Wappenfiguren von 1. Ungarn, 2. Böhmen, 3. Niederlausitz, 4. Mähren (?). Auch von den vier unterhalb des eigentlichen Monuments angebrachten Schilden enthält keines die Zinnenmauer. Die Oberlausitz, welche doch die Kosten für diese gewiss sehr theuren Kunstwerke aufbringen musste, scheint völlig vergessen. Dieses allerdings im höchsten Grade auffällige Fehlen jeder heraldischen Andeutung der Oberlausitz auf diesen Monumenten in der Oberlausitz hat selbst Historiker wie Carpzov[3] zu der (völlig irrigen) Behauptung verleitet, „die Markgrafschaft Lausitz sei ursprünglich eine einige gewesen“ und erst im Laufe der Zeit „in eine obere und niedere getheilt worden“; darum sei auch in älterer Zeit „das Wappen, so heut zu Tage Niederlausitz allein zu gebrauchen pflege, der ganzen Provinz Lausitz gemein“ gewesen.

Wir erklären uns jenes Fehlen in anderer Weise. Der Landvogt Georg von Stein[4], ein eifriger Parteigänger des Königs Mathias von Ungarn, zürnte seit seinem Amtsantritte (1481) gerade den oberlausitzischen Ständen gewaltig, weil sie sich beharrlich weigerten, sich zu einer Bestimmung des Friedens von Olmütz (1479) zu verpflichten, welche sie womöglich auf immer und nicht bloss für die Lebenszeit von Mathias mit Ungarn vereinigen sollte.


  1. Abgebildet bei Grosser, Merkwürdigkeiten I, 152. Die an den Seiten befindlich gewesenen Schilde sind gegenwärtig verschwunden und zwar, wie es scheint, abgemeiselt.
  2. Beschrieben und abgebildet Lausitzer Magazin 1825. 178. Fälschlich wird es hier als Stadtwappen von Görlitz bezeichnet und seine Anfertigung in das Jahr 1422 verlegt.
  3. Ehrentempel I, 59 fg.
  4. Vgl. Knothe, Rechtsgeschichte der Oberlausitz 149.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Alterthumskunde. Dritter Band, Zweites Heft. Wilhelm Baensch Verlagshandlung, Dresden 1882, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuesarchivfur03sach.djvu/113&oldid=- (Version vom 1.8.2018)