gestellte römische Säulen und Pfeiler erhaben, endlich durch ein geschweiftes Postament, sammt einer Haube und Spille, zugespitzt; so regelmäßig alles ist, so muß ich doch bekennen, daß diese beyde Thürme gar zu nahe beysammen stehen, und sich nicht pyramidalisch genung erheben. An dem ersten ist die schmale Spannung der Kirche schuld, das andere aber kommt blos auf einen guten Schwung der Säulenstühle an: und es ist immer ein Beweis, daß das allzuregelmäßige öfters das Steife hervorbringt. Dasjenige, was ich hier sage, haben Sie ebenfalls vor dem Jahre an dem runden Thurme des Herrn Habersangs, der ein Mitglied der Akademie und Lehrer der Baukunst in Leipzig ist, erkannt. Erlauben Sie mir, daß ich Sie an Ihre eigenen Worte erinnere. Sie sagen: „der Thurm ist gar zu regelmäßig gezeichnet, der Erfinder hat dadurch die Lehre der Uebereinanderstellung aller fünf Säulenordnungen, und noch darzu in einer Rundung zeigen wollen. Wer da weiß, daß Zirkelrechnung und etwas Trigonometrie zu Austheilung der Säulenweiten gehöret, der wird es immer für ein Meisterstück halten; allein im Ganzen betrachtet, siehet er wie eine hohe Walze aus, die eine halbe Kugel, oder Kuppel zur Decke hat, welche noch darzu auf den äußern Säulen ruht. Hieraus erkenne ich, daß die wenigsten Baumeister noch wissen, wie sie die schöne Gestalt, das Leichte, das Fließende und Einnehmende, mit den Regeln ihrer Kunst dergestalt verknüpfen sollen, daß
Unbekannt: Schreiben an den Herausgeber der N. B. der schönen Künste und Wissenschaften, die Gemälde-Ausstellung in Dresden vom vorigen Jahre (1768) am 5ten März betreffend
Schreiben über die Ausstellung der Dresdner Architectur-Akademie in den Jahren 1768 und 1769. Dyckische Buchhandlung, Leipzig 1769, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neue_Bibliothek_der_sch%C3%B6nen_Wissenschaften_Akademieausstellungen_Dresden_1768_1769.djvu/28&oldid=- (Version vom 20.10.2024)