Unbekannt: Briefe über die Dresdner Kunstaustellung | |
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Habt ich Ihnen noch ein Fruchtkörbchen von Demoiselle Friedrich genannt, woran besonders der Reflex von dem Weine eines danebenstehenden Glases täuschend gemahlt war, so kennen Sie alles, was mir bey der jetzigen Ausstelung vortrefflich und vorzüglich schien, und ich bin Ihnen nichts mehr schuldig, als noch im Allgemeinen die Künstler zu nennen, die das Beste zu diesem Genusse beygetragen haben. Aber was wollen Sie mir Räthsel losen, die ich schon vor der Aufgabe errathen habe, rufen Sie mir zu, und erinnern mich an die Kunstakademie in Dresden, die der Fürst so gerecht, als gnädig erhält. Allein Sie irren, mein Freund! Die Künstler, welche durch ihre Beyträge die Ausstellung vorzüglich geschmückt, und der Kasse[1] eine reichliche Einnahme verschafft haben, sind meist solche, die hier fremd sind, und weder jetzt einen Genuß von der Akademie haben, noch je hatten. Mit aufrichtiger Achtung und innigem Danke wiederhohle ich Ihnen die öfter erwähnten Namen Hartmann, von Kügelgen, Kaaz, Friedrich, Ullrich, und unter den jungen Künstlern die Gebrüder Retzsch, Kühn etc. die uneigennützig[2] jeder mehrere Arbeiten ausgestellt hatten. Von den Mitgliedern der Akademie hatte meist jeder nur ein Stück herausgegeben, und von den Arbeiten der wirklichen Professoren fand ich nur die von Grassi, Graff und Klengel angezeigt. Ersterer verdient vor allen eine rühmliche Erwähnung, da er, wie man mir versicherte, nie mit seinen Arbeiten gefehlt hat. Daß er ein Mann von Geschmack ist, zeigen seine Bilder, und daß er auch als Lehrer durch zweckmäßigen Unterricht vorzüglich hilfreich und wirksam ist, beweisen seine Schüler Adam Retzsch und Näcke, deren Bilder sich stets unter denen der jungen Künstler ausgezeichnet haben. Ich mußte der Wahrheit dieß Opfer bringen, weil sie Ihnen über alles lieb ist, und damit Sie nicht ungewiß waren, wem Sie Ihre Freude zu danken haben.
- ↑ Jeder Schaulustige bezahlt beym Eingange in die Säle, wo die Gemählde etc. ausgestellt sind, 4 Gr., und erhält dafür ein gedrucktes Verzeichnis der ausgestellten Bilder. Wer seinen Besuch wiederhohlt, und kein neues Verzeichniß braucht, zählt dann nur die Hälfte. Die Einnahme ist für die Armen bestimmt.
- ↑ Die Künstler haben hier gar keinen Vortheil von der Ausstellung, wie dieß etwa in Berlin der Fall ist, und darum muß man es um so eher als einen Beweis von aufrichtigem Enthusiasmus für die gute Sache ansehn, wenn sie, selbst mit Aufwand, ihre Werke ausstellen.
Unbekannt: Briefe über die Dresdner Kunstaustellung. Cotta, Tübingen 1807, Seite 424. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Morgenblatt_Briefe_Dresdner_Kunstausstellung_1807.djvu/9&oldid=- (Version vom 26.1.2025)